Vortrag Kerstin Hoffmann Story

Storytelling: Wie man die Geschichten hinter den Produkten entdeckt

40+ Fragen für erfolgreiches Storytelling in B2B-Unternehmen

Vortrag Kerstin Hoffmann Storytelling

Geschichten erzählen: Das ist ein Thema, das mich seit vielen Jahren begleitet. Schon in meiner Staatsarbeit in Germanistik habe ich mich mit Erzählen und Erzählern befasst. Heute wird viel über das Storytelling gesprochen, und ich greife die Bedeutung von Geschichten auch in meinen Vorträgen auf. – Foto: Relaunch Konferenz

Unternehmenskommunikation braucht Geschichten. Contentstrategien brauchen Geschichten. Content-Marketing braucht Geschichten. Social-Media-Strategien brauchen Geschichten. Die kleinstmögliche Form einer Geschichte ist der rote Faden, den ein Stück Inhalte zwischen dem Eingang und dem Ausgang des Nutzers hat. Doch gerade  im B2B-Bereich wird das Storytelling oft grob vernachlässigt. Folge: Es gibt vermeintlich keine Inhalte für Corporate Blog oder Social Media; und wenn es doch versucht wird, sind sie oft langweilig und erzeugen wenig Relevanz. In einer vierteiligen Serie stelle ich Ihnen meine Methode vor, die ich in vielen Jahren Beratung entwickelt habe. Hier ist Teil 1.


Serie: Storytelling im B2B – meine Methode

 


„Storytelling mag ja schön und gut sein, aber unser Produkt an sich ist langweilig und gibt einfach keine Geschichten her.“ – Solche und ähnliche Aussagen höre ich oft von Kunden aus dem B2B-Bereich. Mehr noch als für Berater oder spezialisierte Dienstleister gilt es für viele produzierende Unternehmen, nicht selten sogar Marktführer in ihrem Segment; ganz gleich, ob sie nun Schrauben oder bestimmte Werkstoffe herstellen, spezielle Lacke oder größere Maschinen, Zubehör oder Werkzeuge. Entsprechend sehen dann auch viele Webseiten und Social-Media-Profile aus. Wenn es überhaupt einen Newsbereich gibt oder gar eine Facebookseite – Corporate Blogs sind sowieso für viele noch in weiter Ferne –, dann finden sich hier vor allem technisch formulierte Produktnews, selbstreferentielle Nachrichten oder Fotos von zwei bis acht Personen in Anzügen, die eine Urkunde hochhalten oder etwas steif vor einem Messestand posieren.

Nicht selten habe ich den Eindruck, dass gegenüber unterhaltsameren Inhalten regelrechte Ängste vorherrschen: Man ist ja ein seriöses Unternehmen im B2B-Bereich und will sich keineswegs in der Ecke der Consumer-Welt wiederfinden. Im Unternehmenskontext, so ist zu hören, zählten eben vor allem Qualität und Sachargumente, und das Ganze müsse überzeugend herüberkommen. Humor, Leichtigkeit, Persönliches und bunte Bilder könnten schnell zu flapsig wirken oder gar die Falschen anlocken. Dabei wird verkannt, dass Entscheider ebenfalls Menschen sind; dass auch im B2B-Verkauf die Beziehungen zwischen Menschen eine große Rolle spielen; und dass Reichweite eine kritische Masse an Empfehlern braucht, also mehr als nur die direkten Interessenten und Kunden ansprechen muss.

Übrigens, was oft vergessen wird: Nicht nur in der externen, auch in der internen Kommunikation, mit Mitarbeitenden und anderen Stakeholdern spielt das Storytelling eine entscheidende Rolle.

Allerdings gibt es zum Thema Storytelling so viele vage Vorstellungen und Fehlannahmen, dass ich zunächst einmal ein paar Dinge klarstellen möchte.

Zu viel Theorie für Sie? Dann springen Sie hier direkt zu den 40+ Fragen für erfolgreiches Storytelling.

Storytelling: Was ist das nochmal genau?


Nach meinem Verständnis kann und muss Unternehmenskommunikation immer Geschichten erzählen. Es ist also eher ein Prinzip, das jeder Kommunikation zugrunde liegt, nicht etwas Zusätzliches, das zu anderen Stilmitteln hinzukäme. Ich habe über die Jahre meine eigene Vorgehensweise entwickelt, wie ich mit meinen Kunden Geschichten für die Unternehmenskommunikation und das Content-Marketing entwickle.


Ursprünglich bezeichnet das Storytelling eine Disziplin, in der mittels Geschichten – oft auch allegorisch oder märchenhaft – Sachverhalte erklärt, verdeutlicht oder illustriert werden. Längst hat sich das Konzept aber weiterentwickelt. Heute wird auch als Storytelling verstanden, Geschichten aus dem Unternehmen und aus der Praxis zu erzählen, oft multimedial und über verschiedene Plattformen hinweg. Das bildliche, allegorische oder metaphorische Moment muss nicht notwendig vorhanden sein.

Nach meinem Verständnis hat jeder Inhalt eine Story, im Sinne eines roten Fadens. Dieser beginnt, wenn ein Empfänger/User/Gesprächspartner dem Erzähler begegnet beziehungsweise in einen Inhalt eintritt. Er endet an der Stelle, an dem er oder sie den Inhalt beziehungsweise den Dialog wieder verlässt. Er kann sich aber fortsetzen oder in weitere Erzählstränge verzweigen, wenn der User die Geschichte weiterträgt und weitererzählt. Geschichten können sich über einen längeren Zeitraum und über mehrere Plattformen hinweg weiterentwickeln.

Storytelling in der Unternehmenskommunikation findet auf vielen Ebenen statt. Als erzählte Geschichten. Als erlebte Geschichten, denn auch jede User oder Customer Journey ist eine Geschichte mit verschiedenen Stationen. Für diesen Beitrag fokussiere ich mich auf Geschichten, die in der Unternehmenskommunikation, im Content-Marketing und in Social Media erzählt werden.


Storytelling setzt immer eine bewusste Absicht voraus. Zufällig aneinandergereihte Erlebnisse machen noch keine Geschichte aus – erst durch den Erzähler, den Storyteller, wird eine Abfolge von Ereignissen zur Geschichte.


Was Storytelling leisten kann: 7 Gewinne

  1. Geschichten wecken Interesse und erzielen Aufmerksamkeit.
  2. Geschichten stellen Zusammenhänge her und verbinden einzelne Inhalte zu einem größeren Ganzen.
  3. Geschichten bauen Spannung auf und führen den Empfänger/Gesprächspartner von der ersten Begegnung zu einem gewünschten Ausgangspunkt.
  4. Geschichten stärken die Wiedererkennung.
  5. Geschichten sorgen für Sichtbarkeit und Weiterverbreitung von Botschaften und Inhalten.
  6. Geschichten bauen Beziehungen auf – über die einmalige Begegnung und den einzelnen Kauf hinaus.
  7. Geschichten stärken die Identifikation der Beteiligten und stellen ein Zusammengehörigkeitsgefühl im Unternehmen her.

7 typische Fehler im Storytelling

  • Fehler #1: Geschichten erzählen, ohne sich zuvor auf strategische Ziele auszurichten
  • Fehler #2: Weitschweifige Allegorien entwickeln, für die niemand Zeit hat, statt zum Punkt zu kommen
  • Fehler #3: Nur von sich selbst erzählen, statt vom Interesse des Empfängers/Gesprächspartners auszugehen
  • Fehler #4: Einfach irgendwas erzählen, das mit dem Produkt oder dem Unternehmen nichts oder kaum etwas zu tun hat
  • Fehler #5: Bemüht humorig auftreten, ohne dass das Erzählziel dies rechtfertigt
  • Fehler #7: Etwas so machen, „weil alle es so machen“

Was das Storytelling braucht

Gesichter: Jede Geschichte braucht Protagonisten – sonst ist es keine Geschichte. Personenmarken und Markenbotschafter spielen also eine wichtigere Rolle als je zuvor. (Allerdings gibt es auch Geschichten, die ganz ohne menschliche Helden funktionieren. Doch dazu mehr im Teil 2 dieser Serie.)

Roter Faden: Jede Geschichte hat einen Startpunkt und einen Endpunkt. Das gilt in der Literatur ebenso wie für in der Unternehmenskommunikation.

Dramaturgie: Eine bloße Handlungsabfolge ist noch keine Geschichte. Erst durch den „Plot“, die Handlungszusammenhänge, wird aus der Abfolge von Ereignissen eine Story.

Erzählziel: Geschichten erzählt man nicht einfach so. Sie haben eine Moral, ein Erzählziel, ein erkenntnisleitendes Interesse. Sie tragen einen Nutzen für den Zuhörer, Leser oder Zuschauer in sich. In der Unternehmenskommunikation gibt es zugleich immer ein Konversionsziel, eine gewünschte nächste Handlung. Diese kann aus einer konkreten Aktion bestehen, etwa einer Weiterempfehlung oder einem Kauf, oder aus einer Meinungsänderung, einem Imagegewinn oder einer gestärkten persönlichen Bindung an die betreffende Marke.

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40+ Fragen für erfolgreiches Storytelling (nicht nur) im B2B

Basierend auf den klassischen W-Fragen aus dem Journalismus habe ich beispielhaft eine Reihe von Fragen auf  verschiedenen Ebenen entwickelt, die Sie sich für Ihr Storytelling insgesamt sowie für jede einzelne Geschichte stellen könnten.


Tipp: Nutzen Sie die folgenden Fragen, um Ihre vorhandenen Inhalte zu prüfen!

Prüfen Sie doch einmal bereits vorhandene Inhalte anhand der folgenden Fragen. Können Sie alle beantworten? Fallen Ihnen vielleicht sogar weitere ein?


Wer?

Unternehmensebene:

  • Wer ist mit dem Produkt oder der Dienstleistung befasst, wer steht dafür?
  • Wer ist „Held/in“ der Geschichte?
  • Wer sind weitere handelnde Personen?

Kommunikationsebene:

  • Wer erzählt die Geschichte, wer ist der Erzähler?
  • Von wem handelt die Geschichte?
  • An wen richtet sich die Geschichte, wer ist der Empfänger – und welche verschiedenen Zielgruppen gibt es, beispielsweise Multiplikatoren, bestehende Kunden oder Interessenten?
  • Wer liefert die Informationen?
  • Wer ist sonst noch zu berücksichtigen?

Was?

Unternehmensebene:

  • Um welches Angebot/Produkt/Dienstleistung geht es in der Geschichte?
  • Was ist der konkrete Anlass für die Geschichte?
  • Was ist der größere Zusammenhang?
  • Was ist das Problem, das Ihre Zielgruppe hat, welche Bedürfnisse und Fragen hat sie?

Kommunikationsebene:

  • Was geschieht in der Geschichte, und wie entwickelt sie sich?
  • Was wollen wir mitteilen?
  • Was wird genau erzählt?
  • Was tun wir, um konkrete Probleme zu lösen?

Wann?

Unternehmensebene:

  • Wann ist strategisch der ideale Zeitpunkt für diesen Inhalt?
  • Wann sind Termine, Events, Anlässe im Geschäftsjahr oder einmalig?

Kommunikationsebene:

  • Wann beginnt die Geschichte, wann endet sie?
  • Wann ist der richtige Zeitpunkt für welches Medium?
  • Wann sollen Folgehandlungen stattfinden?
  • Wann soll der Erfolg sich zeigen?
  • Wann wird die Geschichte fortgesetzt?

Wo?

Unternehmensebene:

  • Wo spielt die Geschichte – lokal, regional, global, virtuell …?
  • Wo wurde das Produkt entwickelt und wo wird es hergestellt?
  • Wo wird das Produkt angewendet?

Kommunikationsebene:

  • Wo finden Sie Ihre Zielgruppen, wo sind diese bevorzugt unterwegs?
  • Wo können Sie neue Zielgruppen erschließen?
  • Wo ist die richtige Plattform, um diesen spezifischen Inhalt am wirkungsvollsten einzusetzen?
  • Wo tritt das Gegenüber in die Geschichte ein, und wo verlässt es sie wieder?

Warum?

Unternehmensebene:

  • Warum gibt es dieses Unternehmen, und was steckt dahinter?
  • Warum wurde das Produkt oder die Dienstleistung entwickelt?
  • Warum sieht das Produkt heute so aus?
  • Warum soll jemand das Produkt/die Dienstleistung kaufen?
  • Warum soll jemand das Produkt/die Dienstleistung genau bei Ihnen kaufen?

Kommunikationsebene:

  • Warum wird diese Geschichte erzählt?
  • Warum wird die Geschichte genau so und nicht anders erzählt?
  • Warum soll jemand diese Geschichte lesen, hören, anschauen?
  • Warum soll jemand diese Geschichte weitererzählen?

Wie?

Unternehmensebene:

  • Wie wird das Produkt/die Dienstleistung produziert, eingesetzt, verwendet (…)?
  • Wie wird die Qualität gesichert?
  • Wie sieht das Umfeld aus?
  • Wie „tickt“ das Unternehmen, wie sieht die Unternehmenskultur aus, und von welchen Werten ist das Unternehmen getragen?

Kommunikationsebene:

  • Wie gelingt es, die Aufmerksamkeit der gewünschten Empfänger/Gesprächspartner zu erlangen?
  • Wie gelingt es, Nutzen zu vermitteln – auf den ersten Blick und über den gesamten Erzählstrang hinweg?
  • Wie wird die Geschichte aufgebaut, und wie ist der rote Faden?
  • Wie wird die Geschichte erzählt: Medien, Form, Wording, Stilmittel?
  • Wie werden Tools eingesetzt?
  • Wie wird der Erfolg gemessen?
  • Wie geht die Geschichte weiter?

Wozu?

Unternehmensebene:

  • Was ist der strategische Zusammenhang und das (größere) Verkaufsziel?
  • Wozu arbeiten wir so, wie wir arbeiten, und zu welchem Zweck haben wir das Unternehmen aufgebaut?
  • Wozu tragen wir mit unseren Produkten bei?

Kommunikationsebene:

  • Wozu dient die Geschichte, welche Probleme löst sie, welche Gewinne verspricht sie?
  • Zu welchem Erzählziel führt die Geschichte?
  • Welchen Erkenntnisgewinn hat die Geschichte?
  • Zu welcher Folgehandlung führt die Geschichte?

Hier geht es zum Teil 2: Wie scheinbar langweilige Produkte zu spannenden Geschichten werden. 10+ Wege zum Storytelling (nicht nur) in der produzierenden Industrie


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Tool-Tipp: Wie gut funktionieren Ihre Inhalte tatsächlich?

In diesem Beitrag habe ich sehr viele Elemente erfolgreichen Erzählens angesprochen. Wie gut sind Ihre Inhalte auf die eigenen Ziele und auf die gewünschten Empfänger ausgerichtet? Ich habe ein ebenso einfach und schnell anzuwendendes Tool entwickelt, das ich Ihnen kostenfrei zur Verfügung stelle: die Content-Ampel.

Hier geht es zur ausführlichen Erklärung, zum Download der kompletten Infografik und zur Bestellung kostenloser gedruckter Exemplare für Ihr Büro.

Dr. Kerstin Hoffmann
5 Kommentare
  1. Andrea sagte:

    Wow – so dezidiert und detailliert aufgedröselt, wunderbar! Mich piekst es an der einen oder anderen Stelle…ich darf nochmal an die Hausaufgaben, rechtzeitig vor der Klassenarbeit, danke dafür!
    Ich bin gespannt auf mehr!

  2. Ingrid sagte:

    Glasklar, astrein und vor allem methodisch durchdacht, konsequent unterschieden zwischen Ebene des Unternehmens und der Ebene der Kommunikation. Auf dieser Basis lässt sich ein Konzept erstellen. Danke Kerstin! Du trägst deinen PR-Doktor in deiner Positionierung zu recht.

    Also, da gibt es nichts dazu zu fügen. Sogar an die Schatzkiste der Werte hast du gedacht. Storytelling ist ein tolles Instrument, um Werte zu verankern, sichtbar und emotional zu machen.

    Oder vielleicht doch noch ein Punkt zur W-Frage als Ergänzung zu „Problemen des Alltags lösen“, vor allem im Hinblick auf die Brennpunkte in den sozialen Medien: Was: mit welchem brennenden Thema können wir uns behaupten und daraus Geschichten entwickeln?

    Ich habe den Link mit meiner ehemaligen Klasse „MAS Corporate Communication Management“ geteilt und vielleicht gibt es von ihnen hier auch noch einen Kommentar? Haut in die Tasten! Dieser Content hier hat es verdient.

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