Content-Marketing: Reich und berühmt mit verschenktem Wissen?

„Verschenke, was du weißt – um das zu verkaufen, was du kannst!“ So lautet die Kurzfassung des Prinzips kostenlos: Content-Marketing mit hochwertigem Wissen, das über die passenden Medien zu den gewünschten Zielgruppen gelangt. Doch kann das wirklich erfolgreich sein? Lohnt sich der Einsatz an Zeit und Budget? Was ist dabei zu beachten?

Reich werden, indem man etwas kostenlos abgibt: Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Nein, tatsächlich ist es ein Prinzip, das bestens funktioniert. Womöglich ist das Content-Marketing heutzutage sogar eine der wirkungsvollsten Marketingformen überhaupt – in Zeiten, in denen Menschen sich zunehmend von Werbung genervt fühlen. Auch Algorithmen sortieren offensichtliche Reklame immer mehr aus.

Berechtigte Befürchtungen und unnötige Sorgen

Doch bis heute ist das Thema mit großen Befürchtungen besetzt, sobald man eine solche Vorgehensweise empfiehlt: „Gib nur nicht zu viel deines wertvollen Wissens preis!“, höre und lese ich bis heute oft. Damit gehe man sonst potenziellen Kunden gegenüber zu sehr in Vorleistung; vielleicht sogar so sehr, dass sie gar keinen Auftrag mehr erteilen. Zum anderen könne sich die Konkurrenz daran bedienen und selbst mit den abgekupferten Inhalten erfolgreich werden.

Diesen beiden konkreten Befürchtungen liegen jedoch im Wesentlichen zwei Fehlannahmen zugrunde. Erstens kommt es oft zu einer Verwechslung zwischen dem Teilbaren und dem Unteilbaren:

Das Teilbare und das Unteilbare

Wissen, und dazu gehören beispielsweise Ratgeberartikel in Online-Magazinen oder Tipps in Social-Media-Postings, ist beliebig oft teilbar. Es kostet zwar einmal Aufwand für die Erstellung und die Verteilung. Doch dann kann es beliebig oft gelesen, gehört, angesehen werden und dabei Nutzen für die Zielgruppen erzeugen.

Unteilbar ist dagegen die eigene Zeit der Wissensträger, etwa für eine Beratung. Wer sich – und auch das ist schon vorgekommen – auf das Prinzip kostenlos beruft, um eine Dienstleistung gratis zu erhalten, hat einfach das Konzept nicht verstanden.

Denn genau hier, zwischen dem Teilbaren und dem Unteilbaren, verläuft die Grenze zwischen dem freiwilligen Verschenken von Wissen und der individuellen Anwendung, die kostenpflichtig sein muss. Wer dies einmal erkannt hat, sieht auch, dass verschenktes Wissen für die Absender umso wertvoller wird, je mehr es sich verbreitet. Voraussetzung ist allerdings, dass dieses Wissen für die Empfänger einen Wert darstellt. Nach dem Lesen, Anschauen oder Anhören müssen sie einen konkreten Nutzen mitnehmen, der sie weiterbringt.

Zugleich weckt jedoch diese Vorleistung den Wunsch nach der eigentlichen Leistung, der Anwendung des Wissens auf den jeweiligen Einzelfall oder nach dem angebotenen Produkt. Wer das einmal verstanden und vor allem selbst ausprobiert hat, verliert meist schnell die Furcht vor zu großer eigener Großzügigkeit. Und ist dann auch in der Lage, für sich die Grenze oder vielmehr den Übergang zwischen dem Teilbaren zum Unteilbaren, also dem bezahlten Auftrag, klar zu definieren.

Angst vor Wissensklau?

Die zweite Befürchtung, die Konkurrenz könne sich an den Inhalten bedienen und damit selbst Geschäft machen, ist nicht ganz so leicht von der Hand zu weisen wie die erste. In der Tat stellt der Content-Klau ein weitverbreitetes Phänomen dar. So manche Mitbewerber machen sich die Inhalte anderer Publizierender zu eigen, um Expertise vorzutäuschen und dann selbst ähnliche Leistungen zu verkaufen. In Abwandlung des Prinzips könnte man das dann ungefähr so formulieren: „Verschenke, was andere wissen – um etwas zu verkaufen, was du selbst wahrscheinlich nicht so gut kannst.“

Doch was wäre die Alternative? Wer nicht zeigt, was er oder sie weiß, bleibt unsichtbar und unauffindbar. Er oder sie versäumt, die eigenen Themen auch mit dem eigenen Namen zu besetzen. Es gibt also keine bessere Möglichkeit, wenn man ein gutes Angebot zu angemessenen Honoraren in die Welt bringen will. Ohnehin wird jemand anders mit Ihrem Wissen nicht das können, was Sie selbst in der Anwendung leisten. Selbst jemand, der oder die alles weiß, was Sie wissen, kann dies also noch lange nicht so anwenden wie Sie.

So profitieren Wissensteiler

  • Sichtbarkeit und Verbreitung der eigenen Expertise
  • Wahrnehmung als DIE Fachperson zu einem Thema
  • Sachliches mit persönlichem Charakter anreichern – und so die Richtigen anziehen

… und nicht zuletzt hilft das gezielte Aufbereiten des eigenen Wissens, um es zu veröffentlichen, auch dabei, die eigenen Gedanken zu ordnen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.

So profitieren Empfänger

  • Wertvolle Kenntnisse, die wirklich weiterhelfen
  • Genau die richtigen Inhalte, passgenau zusammengestellt – aus der Flut aller vorhandenen Informationen
  • Interessante Inhalte, um sie mit dem eigenen Netzwerk zu teilen.

… und mehr als nur ganz nebenbei lernen sie einen Anbieter oder Dienstleister genauer kennen für den Fall, dass sie Bedarf für die kostenpflichtige Leistung haben.

Auf die passende Strategie kommt es an

Dennoch ist Ihr Wissen ein wertvolles Kapital, das Sie nicht einfach so leichtfertig verschleudern und mit dem Sie sehr sorgfältig umgehen sollten. Das richtige Maß zu finden ist ebenso entscheidend wie das perfekte Timing und die passende Verpackung. Daher sollte eine Content-Marketing-Strategie sorgfältig geplant werden.

Dazu gehört eine gründliche Zielfindungsphase: Was wollen wir überhaupt erreichen? In welchem Zeitrahmen soll das gelingen? Und woran messen wir die Erfolge – kurz-, mittel- und langfristig?

Es sind zuallererst Überlegungen zu Ressourcen zu treffen. Formate müssen definiert, Mitwirkende benannt werden. Womöglich muss eine redaktionelle Plattform überhaupt erst konzipiert werden. Zeitpläne mit Meilensteinen sind zu schreiben. In die Konzeptions- und Planungsphase fällt aber auch die Überlegung, an wen Sie Ihr Wissen verschenken wollen, damit es auf Ihre eigenen Unternehmensziele einzahlt.

Wunschkunden im Blick: Nur das richtige Wissen teilen

Wer beispielsweise Aufträge von Dax-30-Unternehmen im B2B-Bereich generieren will, sollte mit dem geteilten Wissen nicht primär Nutzen für Existenzgründende liefern – und umgekehrt. Nicht jeder Interessent, der auf Ihr kostenloses Wissen stößt, ist auch im Gegenzug in geschäftlicher Hinsicht interessant als Kundin oder Kunde. Nicht jeder Anfragende ist bereit oder in der Lage, die Preise zu bezahlen, die Sie kalkuliert haben.

Je klarer von vornherein erkennbar ist, an welche Zielgruppen Sie sich richten, desto besser selektieren Sie vorab. Einerseits wollen Sie Ihrem Netzwerk bestmöglich weiterhelfen. Andererseits dürfen Sie dabei Ihre eigenen Ziele nicht aus dem Blick verlieren. So funktioniert Content-Marketing und nützt beiden Seiten. Denn es spart möglichen Interessenten bereits in der Sondierungsphase kostbare Zeit und blockt in Ihrem Unternehmen nicht unnötig Ressourcen.

Im Content-Marketing qualifizieren sich die Interessenten selbst

Einer der großen Vorteile des Content-Marketings gegenüber den meisten anderen Formen der Akquisition besteht darin, dass sich Auftraggeberinnen und Auftraggeber selbst qualifizieren. Es ist also nicht mehr allein der Vertrieb, der anhand bestimmter Merkmale möglichst treffsicher diejenigen auswählt, die es anzusprechen lohnt. Die zielgruppengerecht aufbereiteten Inhalte senden zugleich mit den fachlichen Informationen die richtigen Signale aus. Ist dies gut geplant und umgesetzt, melden sich im Idealfall zu einem sehr hohen Prozentsatz nur solche Personen, die dann auch tatsächlich einen Auftrag erteilen.

Formate des Wissen-Teilens

Auf welchen Plattformen das Wissen im Content-Marketing geteilt wird, kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich aussehen, je nach Anbieter und Zielgruppe. Meistens gehört dazu zumindest eine eigene Website, oft ein (Corporate) Blog oder Magazin. Seiten und Profile in sozialen Netzwerken – von LinkedIn bis YouTube, von TikTok bis Instagram spielen oft sogar eine zentrale Rolle. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch die Rolle von Mitarbeiter-Markenbotschaftern oder Corporate Influencern. Diese profilieren sich als wiedererkennbare Fachleute mit ihren persönlichen Profilen in sozialen Netzwerken, beispielsweise auf LinkedIn. Auch als Mitwirkende im Corporate Blog oder als Protagonist*innen in Videoformaten können sie wertvolle Beiträge leisten.

Dieser Beitrag basiert auf dem Buch „Das neue Prinzip kostenlos“, das im Frühjahr 2023 erschienen ist. Der praxisnahe Ratgeber zeigt, wie Unternehmen jeder Größe ebenso wie einzelne Freiberufler und Solopreneure zu mehr Sichtbarkeit, einer besseren Marktposition, neuen Kunden und höheren Umsätzen gelangen. Er bietet Einsteigern und Fortgeschrittenen das passende Handwerkszeug, um ihre eigene Vorgehensweise zu entwickeln und zu dauerhaftem Erfolg zu führen.

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Dr. Kerstin Hoffmann