Das kleine Content-Audit: Jäger des verborgenen Schatzes

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In sehr vielen Unternehmen schlummern immense Werte als Inhalte unterschiedlichster Formen und Genres, deren Potenzial nicht annähernd ausgeschöpft wird. Statt dessen investieren die Verantwortlichen oft regelmäßig beträchtliche Budgets in die Erstellung immer neuer Texte, Bilder, Illustrationen, Präsentationen, Dokumenten … – die dann auch irgendwann auf dem Grund irgendwelcher Ordner auf dem Firmenserver oder auf irgendwelchen längst vergessenen Unterseiten der Website sedimentieren. Der Grund: Es findet nie oder zu selten oder zu wenig systematisch eine Erfassung aller vorhandenen Inhalte in unmittelbar verwertbarer Form statt. Dabei bildet das Content-Audit die Grundlage jeder erfolgreichen Arbeit an der Contentstrategie und insgesamt in allen Kommunikations-Disziplinen. Warum wird es so oft vernachlässigt? Und was können Sie tun, um dieses Defizit zu beheben – und den Content-Schatz doch noch zu bergen?

Das Content-Audit, die systematische Erfassung der bereits vorhandenen Inhalte im Unternehmen, stellt einen der elementaren Bestandteile jeder strategischen Erarbeitung in der Kommunikation und insbesondere der Content-(Marketing-)Strategie dar. Zugleich ist es aber auch eine der aufwändigsten und zeitintensivsten Fleißarbeiten. Deswegen wird es leider häufig vernachlässigt oder nicht gründlich genug gemacht, selbst in größeren Unternehmen.

Content-Audit: Besser pragmatisch starten als nie!

Aber besser mit weniger Aufwand starten und sich zunächst auf das Wesentliche fokussieren, als nie fertig zu werden oder erst gar nicht anzufangen! Daher habe ich eine schlanke Methodik entwickelt, die pragmatisch an die Sache herangeht. Es geht darum, bereits vorhandene Inhalte zu ermitteln, die verwertet werden können.

Diese Vorgehensweise eignet sich vor allem dann besonders gut, wenn Sie noch über keine umfangreiche Content-Plattform verfügen und ihre Content-(Marketing-)Strategie erst aufbauen wollen.

Das kleine Content-Audit findet nach dem Wissensaudit statt. Denn nach Letzterem fällt es leichter, die vorhandenen Inhalte für die weitere Verwertung zu beurteilen. Zudem sind beim Wissensaudit bereits Inhalte, etwa in Form von Beschreibungen, entstanden. Bereits vorhandene Inhalte sind auf das darin enthaltene Wissen untersucht worden. Diese können und sollten mit in das Content-Audit einfließen.

Welches Tool passt für Ihr Team?

Wählen Sie auch hier bitte eine Form der Erarbeitung und Dokumentation, die für Ihr Team am besten funktioniert. Eine Brainstorming-Phase ist hier nicht erforderlich. Die einfachste Form, die ich kenne, ist das Drei-Ordner-System plus eine entsprechend eingerichtete Tabelle. Dies ist angesichts der zeitgemäßen digitalen Möglichkeiten sicherlich nicht die eleganteste Vorgehensweise. Steht im Unternehmen ein Kollaborationstool zur Verfügung, das alle Beteiligten nutzen und beherrschen, machen Sie bitte Gebrauch von dessen spezifischen Möglichkeiten!

Aber meiner Erfahrung nach stellt dies gerade für Einsteiger die niedrigste Hürde zum Start dar. Sobald Sie mit mehreren Personen daran arbeiten, sollten sowohl die Ordner als auch die Tabelle allen Beteiligten zur gemeinsamen Arbeit daran zur Verfügung stehen.

Schritt 1: Zusammentragen

Sammeln Sie alle Inhalte, Content-Stücke, Texte, Bilder und andere multimedialen Inhalte, in denen Sie Fachwissen für die Content-Marketing-Strategie erwarten oder die dazu dienen, dieses darzustellen, zu illustrieren. Nicht in diese Sammlung gehören: Marketing- und Kommunikationskonzepte und rein organisatorische Informationen. Auch so etwas wie Social-Media-Guidelines, Leitbilder und andere Unterlagen gehören hier nicht hinein – es sei denn, diese Informationen wären zufällig Teil Ihrer (Beratungs-)Dienstleistungen.

Schritt 2: Vorselektieren

Sichten Sie jetzt alles Zusammengetragene im Hinblick auf die weitere Verwertung. Die gesamte Sammlung könnten Sie einmal komplett sichern, ehe Sie vorselektieren. Oder Sie speichern die Auswahl aus diesem Schritt in einem neuen Ordner. Der Vorteil bei dieser Art der Sichtung: Viele Inhalte, die in einem umfassenden Content-Audit zuerst mit aufgelistet würden, um sie anschließend zu beurteilen, verursachen hier keine Folgearbeit mehr.

Verwerfen Sie Inhalte beispielsweise nach den folgenden Kriterien:

  • Inhaltlich nicht mehr aktuell. Es entspricht nicht dem aktuellen Stand meiner/unserer Expertise.
  • Vergängliche Inhalte. Sie beziehen sich auf vergangene Ereignisse, Veranstaltungen oder Personalien. Hinweis: Wenn es sich zwar um vergängliche Inhalte handelt, diese aber für zukünftige ähnliche Gelegenheiten noch verwertbar wären, behalten Sie diese bitte zunächst und kennzeichnen sie entsprechend.
  • Vertrieblich oder strategisch nicht mehr relevant. Es bezieht sich nicht mehr auf Produkte oder Leistungen, die wir in Zukunft verkaufen wollen.
  • Personell nicht mehr aktuell. Es bezieht sich auf Personen, die nicht mehr im Unternehmen sind, oder auf personengebundenes Expertenwissen, das nicht mehr vorhanden ist.
  • Rechte sind ungeklärt. Wir wissen nicht genau, wer Urheber dieses Bildes oder Textes ist, und wissen daher nicht, ob wir es weiterhin verwenden dürfen. Oder die Nutzungsrechte sind abgelaufen. – Hinweis: Wenn Sie feststellen, dass dieser Inhalt jedoch abgesehen davon offensichtlich verwertbar sein könnte: Machen Sie sich eine Notiz, dass Sie später womöglich ein ähnliches Bild oder einen ähnlichen Text selbst erstellen oder erwerben möchten.
  • Anderweitig uninteressant. Aus unterschiedlichen Gründen offensichtlich nicht weiter verwertbar.

Schritt 3: Auflisten

Alle Inhalte, die sich jetzt noch im Ordner befinden, werden in eine Liste oder Tabelle, ein sogenanntes Content Inventory oder Content-Inventar aufgenommen und darin näher beschrieben. Dieses Inventar ist auf die Zukunft gerichtet. Es bildet die Grundlage für Ihren anwachsenden Bestand an Inhalten. Sie werden es weiter pflegen und in kommenden Revisionen Ihrer Inhalte einsetzen.

Einzelne Felder werden Sie daher an diesem Punkt noch nicht ausfüllen, sondern später erst mit Informationen ergänzen. Dazu gehören beispielsweise Themengebiete oder Keywords, Zielgruppen-Zuordnung oder Veröffentlichungsdatum. Dennoch empfehle ich, diese Tabelle bereits so umfassend anzulegen, damit Sie sich spätere Arbeit und erneute Zuordnung ersparen.

Die einzelnen Felder dieser Tabelle könnten beispielsweise so benannt sein:

  • Datum der Erfassung/Revision
  • ID/Laufende Inventur-Nummer
  • Speicherort
  • Kurzbezeichnung (bei veröffentlichten Inhalten: Titel/Überschrift)
  • Themenbereich/Kategorie
  • Zielgruppe
  • Customer Journey: Phase
  • Kommunikationsziel
  • Kernbotschaft (auf die der Inhalt sich bezieht)
  • Art/Format des Inhalts
  • Kurzbeschreibung
  • Weitere Merkmale (z. B. Zeichenzahl)
  • Ersteller/Rechte
  • Datum Erstellung
  • Datum letztes Update
  • Status (Idee, Entwurf, geplant, freigegeben, veröffentlicht, verteilt)
  • Weitere Veranlassung
  • zu bearbeiten bis
  • zuständig/Bearbeiter
  • Plattform/Ort der Veröffentlichung (ggf. Link)
  • Datum nächste Revision
  • läuft ab am (optional)
  • Bemerkungen/Sonstiges

Bitte prüfen Sie selbst, während Sie die Inhalte erfassen, ob diese Kriterien so für Ihr Projekt, das Unternehmen und Ihr Team funktionieren. Wandeln Sie die Tabelle nach Ihren eigenen Bedürfnissen ab.

So geht es weiter

Sie besitzen nun eine Systematik, um Ihre Inhalte im Content-Marketing zukünftig zu erfassen. Vor allem verfügen Sie aber nun wahrscheinlich bereits über einen beachtlichen, vielleicht für Sie selbst sogar überraschend großen Bestand an zu verwertenden Inhalten.

Sorgen Sie dafür, dass dieser Schatz seinen Wert nicht nur behält, sondern weiter steigert, indem Sie regelmäßig daran arbeiten, diese zu aktualisieren, zu verbessern und zu ergänzen.

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Illustration: Midjourney/KI-generiert

Dr. Kerstin Hoffmann