Die fünf allerschlechtesten Contentformen für Ihr Content-Marketing
Vom Scheck zum Schweinebauch: Was Sie getrost sofort vergessen können
Es nützt die beste Content-Marketing-Strategie nichts, wenn es in der Umsetzung hapert. Dabei gibt es typische Contentformen, die scheinbar einfach nicht auszumerzen sind. Welche sind das und wie vermeidet man sie? Erfahrungen aus der Praxis für die Praxis.
Das Unternehmen hat endlich ein schönes neues Corporate Blog. Das Kommunikationsteam hat sich so richtig ins Zeug gelegt. Es gibt eine Strategie. Zielgruppen sind beschrieben. Eine Keywordanalyse hat stattgefunden. Der Themenplan steht. Im Kollaborationstool ist ein Redaktionsplan angelegt. Jetzt werden, schön nach Lehrbuch, Menschen aus dem ganzen Unternehmen beteiligt, und es hat auch schon viele gute Ideen gegeben.
Aber jetzt kommt der Vorstand mit Vorschlägen um die Ecke: Tolle Fotos von Schecküberreichungen sollen im Online-Magazin von der Corporate Social Responsibility zeugen. Der Vertrieb will auch mitreden: Wieso kommt eigentlich umsatzmäßig nicht gleich viel mehr herum, nachdem die ersten Beiträge erschienen sind, und kann man da nicht besser mal ein paar knackige Verkaufsbotschaften unterbringen? Die Geschäftsführung hat nun endlich auch Social Media für sich entdeckt und postet auf Instagram ein Selfie nach dem anderen. Ach, und der Kundendienst hat ein paar tolle Lobeshymnen von zufriedenen Auftraggebern eingesammelt, die am besten sofort auf der Facebook-Seite gepostet werden können.
Toll, oder? Oder auch nicht. Zwar ist jede Content-Marketing-Strategie einzigartig, und damit kann man auch keine konkreten Aussagen über die spezifischen Inhalte treffen, schon gar nicht völlig unabhängig von Branche und Zielgruppen. Aber einige allgemeingültigen Regeln gibt es im Content-Marketing. Dazu gehört beispielsweise die Erkenntnis, die im gesamten Unternehmen verstanden sein sollte, dass das Content-Marketing kein primäres Verkaufsinstrument ist; dass sich Interessenten für ihren eigenen Nutzen interessieren und nicht für rein selbstreferentielle Inhalte, die ihnen nur wertvolle Zeit stehlen.
Schließlich sollte so viel professionelles Handwerkszeug verinnerlicht sein, um zu wissen, dass Formate, die in besseren Lokalredaktionen bereits in den 1980-ern verpönt waren, das Content-Marketing im Jahr 2019 ebenfalls nicht gerade schmücken. Dazu gehören eben beispielsweise die berüchtigten Schecküberreichungen. Im Folgenden eine kleine Liste der schlechtesten Ideen für das Content-Marketing.
Die 5 allerschlechtesten Ideen für Ihr Content-Marketing
Selbstbespiegelungscontent
Zugegeben, der Grat ist schmal, zwischen der Sichtbarkeit als Markenbotschafter und der ichbezogenen Selbstbespiegelung, die vor allem einen interessiert: den Absender. Natürlich sollen Menschen aus Unternehmen Gesicht zeigen, aus ihrem Arbeitsalltag erzählen – und dazu gehören nun einmal auch Selbstporträts. Aber sie sollten nicht alles sein.
Außerdem: Ja, wir die Leser und Zuschauer freuen uns gerne auch einmal mit unserem Lieblingsdienstleister mit, wenn dieser auf allen Kanälen das begeisterte Lob eines zufriedenen Kunden zitiert. Doch Testimonials sind in den meisten Fällen in der Werbung besser aufgehoben, Bei den Referenzen auf der Website etwa sind sie sehr nützlich.
Denn (der Vorstand muss jetzt ganz stark sein) auch wir interessieren uns, wenn wir Zeit und Aufmerksamkeit investieren vor allem für eines: für uns selbst, beziehungsweise für den Gegenwert, also den Nutzen, den uns dieser Inhalt bringt. Der kann ganz unterschiedlich aussehen, aber er besteht nicht im Wesentlichen darin, dass wir pausenlos andere Menschen bewundern wollen, die den ganzen Tag nur von sich selbst berichten – mögen sie noch so wichtige Vertreter eines Unternehmens sein.
So geht es besser:
Zeigen Sie Gesicht, aber zeigen Sie vor allem inhaltliche Stärke. Punkten Sie damit, dass Sie sich für andere interessieren und andere in den Vordergrund rücken. Gegen gelegentliche – oder auch häufige – Selfies beziehungsweise Fotos von Ihnen ist nichts einzuwenden, wenn sie in einem Kontext erscheinen, Geschichten erzählen, Informationen vermitteln und der Community das Gefühl geben, dass Sie mit ihr in Verbindung sind. Dazu müssen Sie Ihre Zielgruppen kennen und sich wirklich für andere interessieren.
Statt zuviel Selbst- und zitiertem Fremdlob: Lassen Sie doch lieber Ihre Arbeit und Ihr Fachwissen für sich sprechen, indem Sie beispielsweise spannende Case Studies publizieren und darin die Akteure sichtbar darstellen.
Schweinebauchcontent
Als „Schweinebauch-Anzeigen“ haben wir früher in der Werbung sehr plakative Reklame bezeichnet, etwa billig aufgemachte Prospekte mit Produktbild und Preis. Das mag immer noch sehr gut für den Discounter funktionieren, dessen Kunde sich mit aktiver Kaufabsicht informieren will. Für hochwertige Produkte oder Dienstleistungen funktioniert es dagegen, gelinde gesagt, nicht so gut. Vor allem aber hat Reklame im Content-Marketing nichts zu suchen.
Zwar sprechen wir immer davon, dass sich die verschiedenen Kommunikationsdisziplinen besser vernetzen sollen. Das stimmt auch. Werbebotschaften und platte Verkaufsversuche sind aber im Content-Marketing nicht nur deplatziert. Sie schaden im Zweifel den umliegenden hochwertigen Inhalten so sehr, dass sie diese deutlich abwerten
So geht es besser:
Das Content-Marketing kann und soll den Unternehmenserfolg fördern und kann ganz wesentlich auch dazu beitragen, Vertriebs- und Verkaufsziele zu erreichen. Jedoch sollte es hier die eigenen spezifischen Mittel einsetzen. Daher führt kein Weg daran vorbei, sauber auseinanderzuhalten, was in welchem Medium und in welcher Form möglich und sinnvoll ist. Auch dazu muss man die eigenen Zielgruppen und deren Bedürfnisse entlang der Customer Journey gut kennen, damit alle Kommunikationsbereiche einander vernetzt unterstützen.
Was übrigens in den meisten Fällen sehr gut funktioniert, ist deutlich abgegrenzte und erkennbare (Eigen-)Werbung auch in hochwertigen redaktionellen Umfeldern. Das ist der User nicht zuletzt seit jeher von der unabhängigen, aber überwiegend anzeigenfinanzierten Presse und den journalistischen Online-Medien gewöhnt.
Schecküberreichungscontent
Eine soziale Einrichtung hat von der Geschäftsleitung einen Scheck über 324,12 Euro erhalten, wie auf dem Foto zu sehen ist, auf dem der Geschäftsführer des Unternehmens zusammen mit dem Vereinsvorstand abgebildet ist. (Worst worst case: Fünf weiße alte Männer in grauen Anzügen, keine Frau, keiner der tatsächlich von der Spende Begünstigten.) Wir stellen uns jetzt vor, wie der Vereinsvorstand versucht, den turnhallentürgroßen Scheck in sein Auto zu bekommen, um ihn in der nächsten Bankfiliale einzulösen. Okay, das wäre wenigstens noch lustig. So ist es aber eher lächerlich. Dann doch lieber die Fähnchen?
So geht es besser:
Wenn Ihr Unternehmen Gutes tut, dann reden Sie darüber. Nennen Sie auch Spendenbeträge, wenn Sie möchten und es sinnvoll erscheint. Aber versuchen Sie nicht, den belanglosen Moment des Geldtransfers zu verewigen, der ja doch in Wirklichkeit meistens in einem Mausklick im Online-Banking besteht. Berichten Sie über die Arbeit der Spendenempfänger. Erzählen Sie Geschichten, um Corporate Social Responsibility zu beweisen. Nicht zuletzt: Tun Sie in Ihrem Content-Marketing der betreffenden Organisation nochmals etwas Gutes, indem Sie Ihre Reichweite dafür einsetzen, über deren unterstützenswerte Arbeit zu berichten.
Händeschüttelcontent
Eng verwandt mit dem Schecküberreichungscontent: Ein Abschluss ist getätigt, ein Vertrag unterzeichnet, ein Spinoff gegründet, irgendein anderer Meilenstein erreicht. Wieder sieht man nur weiße alte Männer in Anzügen. Diesmal verstecken sie sich nicht hinter einem überdimensionalen Scheck, sondern schütteln einander für den Fotografen demonstrativ die Hände. Und: Nein, das wird nicht besser, wenn Frauen oder junge Männer oder junge Frauen abgebildet sind. (Das mit den weißen alten Männern war nur ein Stilmittel der zusätzlichen Emphase.) Ein Inhalt ohne Gehalt und Nutzen nimmt nur Platz weg, verschwendet beim Gegenüber Zeit, bindet Aufmerksamkeit und hinterlässt den Eindruck, dass es sich nicht lohnt wiederzukommen.
So geht es besser:
Ja, manchmal ist es für die Fachleute in der Kommunikation sehr schwierig, den Vorstand oder die Geschäftsführerin davon überzeugen, dass oder sie nicht auf allen Fotos im Vordergrund stehen muss. Und, zugegeben, das Problem kann sich sogar erst einmal noch verstärken, wenn es endlich gelungen ist, sie oder ihn von der aktiven eigenen Rolle als Markenbotschafter zu überzeugen. Es ist ja nicht böse gemeint und oft – von den üblichen Ausnahmen einmal abgesehen – nicht einmal von Eitelkeit getragen, sondern es zeugt eher von einem Bewusstsein der eigenen Verantwortung für den betreffenden Deal oder den dargestellten Erfolg.
Daher braucht man im Content-Marketing zunächst und vor allem ein Konzept für die interne Überzeugungsarbeit und Nutzenargumentation. Das wird nicht immer gleich alles ändern. Aber je besser die Strategie und je besser die Erfolgsfaktoren von allen Beteiligten verinnerlicht sind, desto besser klappt es auch mit der Abkehr von langweiligen Bildern und Texten, die keine Geschichten erzählen.
Blablacontent
Vorsicht: Eine völlige Abkehr von Selbstdarstellung, Eigenwerbung und handwerklichen Schnitzern wie den Schecküberreichungsfotos machen allein noch keine erfolgreiche Content-Marketing-Strategie aus. Viel zu oft werden Themen einfach genommen, weil irgendjemand sie vorgeschlagen hat, weil sie irgendwie zum eigenen Angebot passen oder weil die Geschäftsführung sie unbedingt im Online-Magazin oder in der Kundenzeitschrift haben will.
Aber keiner macht sich bei der inhaltlichen Aufbereitung wirklich Gedanken um den Zielgruppennutzen. Davon, die Geschichten hinter langweiligen Sachverhalten zu entdecken, ist erst gar keine Rede. Die Folge: langweilige, oft langatmige Inhalte, die nicht auf den Punkt kommen und nichts auslösen – außer vielleicht das eine oder andere Gähnen.
So geht es besser:
Viele auf den ersten Blick langweilige Themen kann man interessant und nutzergerecht aufbereiten, indem man die richtigen Fragen stellt. Man kann Geschichten entwickeln oder eine Person in den Vordergrund stellen. Manche Themenideen muss man aber auch einfach beherzt verwerfen. Das ist manchmal schwierig, wenn ein Vorgesetzter unbedingt darauf besteht, aber nicht unmöglich. Auch hierfür ist eine gute interne Nutzenargumentation essentiell. Ein Tool wie die Content-Ampel oder der Themenscore von Scompler kann dabei helfen.
Manchmal hilft es aber auch, mit Argumenten zur Wirtschaftlichkeit zu operieren. Wenn etwa die Leserzielgruppe eines Kundenporträts n=1 ist, und man rechnet die Kosten für den gesamten Prozess der Inhaltserstellung dagegen, dann verändert dies oft den Blick bei den Verantwortlichen.
Im Vertrauen: Darüber hinaus kalkuliert aber das kluge Content-Marketing-Team einen Anteil von maximal zehn Prozent nicht relevanter Inhalte ein, die aber einen oder mehrere Verantwortliche im Unternehmen froh machen, viel Ärger und Diskussionen vermeiden helfen und damit auch ihren ganz spezifischen Zweck erfüllen.
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Sehr wahr und dringend benötigt angesichts all der Händeschüttel-Schecküberreichungs-Blabla-Inhalte im Netz – dieser Text sollte Pflichtlektüre für Geschäftsführer, Marketing- und PR-Abteilungen sein.
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