Markenbotschafter-Strategien und -Programme: Die große Typologie

Ausführlicher Ratgeber für die Planung und Umsetzung

Das Thema Mitarbeiter-Markenbotschafter ist in sehr vielen Unternehmen angekommen, und viele von ihnen arbeiten aktiv an Strategien und Programmen mit Corporate Influencern. Gerade in den vergangenen zwölf Monaten habe ich in mehreren Kundenprojekten noch einmal viele weitere praktische Erfahrungen in der Erarbeitung und Umsetzung gesammelt. – Hier ist die aktuelle Version 2021 meiner Typologie: Welche Strategie passt zu Ihrem Unternehmen, und wie starten Sie am besten?

Sobald Menschen als Unternehmensangehörige sichtbar sind, fällt ihr Verhalten auf die Marke zurück. So gut wie jede*r ist heute über digitale Medien erreichbar. Daher braucht auch jedes Unternehmen heute eine Markenbotschafter-Strategie – und wenn es erst einmal nur darum geht, sich bewusst zu machen, dass alle Mitarbeiter potentielle Schnittstellen in die Öffentlichkeit darstellen. Doch auch darüber hinausgehend ist es sehr sinnvoll, sich des Themas aktiv und bewusst anzunehmen. Dazu gehört auch, die konkrete Ausprägung des Projekts zu wählen und Ziele sowie Meilensteine zu definieren.

Formen, typische Ausprägungen, Herangehensweisen

Die Vorgehensweise sieht in jedem Unternehmen anders aus. Jedes der Projekte, die ich begleitet und begleitet habe, war und ist einzigartig. Man muss sich also keinesfalls genau auf eine Form festlegen oder für eine einzige entscheiden. Verschiedene Formen können hervorragend nebeneinander stehen und einander ergänzen. Mischformen sind sogar eher die Regel als die Ausnahme.

Es gibt aber bestimmte typische Ausprägungen. Eine Typologie hilft dabei, Klarheit zu schaffen und zum Start die richtigen Weichen zu stellen. Es hilft, die verschiedenen Ausprägungen zu kennen, um sich für einen Schwerpunkt zu entscheiden.

Wenn wir hier von einer Strategie mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Markenbotschafter sprechen, dann ist dies auch und vor allem im digitalen und medialen Zusammenhang gemeint. Denn natürlich gibt es seit jeher Markenbotschafter, aber im Zeitalter von sozialen Netzwerken erhält das Thema neue Brisanz.

Aktualisierte Version der Typologie 2021

Buchtitel: Markenbotschafter – Erfolg mit Corporate Influencern
Diese Typologie habe ich bereits 2015/2016 entwickelt und hier im PR-Doktor erstmals Anfang 2019 veröffentlicht. Für mein Buch Markenbotschafter – Erfolg mit Corporate Influencern. Überblick, Strategie, Praxis, Tools habe ich sie 2020 komplett überarbeitet.

Hier habe ich, basierend auf aktuellen Erfahrungen in Corporate-Influencer-Projekten, die Fassung aus dem Buch nochmals ergänzt.

Die Minimal-Strategie

Unternehmen können nicht keine Markenbotschafter haben. Insofern ist es für jedes Unternehmen unabdingbar, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Eine solche Auseinandersetzung ist noch keine Strategie im engeren Sinn. Sie bildet aber das Minimum dessen, was geschehen sollte. Zugleich beginnt auch jede weitergehende Markenbotschafterstrategie mit einer grundlegenden internen Bewusstseinsbildung und Bewusstmachung des Status quo sowie der Verständigung auf einige gemeinsame Grundregeln.

Merkmale und typische Ausprägungen

Das Minimum einer Markenbotschafter-Strategie besteht aus der internen Bewusstseinsbildung und einigen gemeinsamen Grundregeln. Dazu gehören die Social-Media-Guidelines. Unternehmensleitung und jede/r Mitarbeitende machen sich bewusst, dass jeder, der als Unternehmensangehöriger erkennbar ist, auf die eine oder andere Weise als Vertreter der Marke wahrgenommen wird – öffentlich oder in geschlossenen Netzwerken. Je aktiver diese Rolle gestaltet wird, desto besser gelingt sie im Sinne eines gemeinsamen Marken- und Werteverständnisses.

Herangehensweise

Eine solche Minimalstrategie ist in vielen Unternehmen bereits vorhanden, auch wenn die Begriffe Markenbotschafter oder Corporate Influencer dabei nicht verwendet werden. Oft haben engagierte Mitarbeitende bereits eine große Sichtbarkeit in sozialen Netzwerken aufgebaut. Gerade die Akteure von Mittelständlern sind häufig lokal und regional hervorragend vernetzt.

Hier finden Sie einen Beitrag dazu, wie man Markenbotschafterstrategien in kleinen und kleinsten Unternehmen erarbeitet und umsetzt.

Wenn es in Ihrem Unternehmen noch keinerlei Verständnis für die Thematik gibt, dann ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, damit zu starten. Eine grundlegende Erarbeitung im Rahmen der Gesamtkommunikation startet bei der internen Kommunikation.

Es muss Unterstützung für die Einzelnen geben, damit sie sich adäquat verhalten, wo immer sie als Unternehmensangehörige erkennbar sind. Dabei geht es vor allem um Empfehlungen und Bewusstseinsbildung, nicht um Vorschriften oder Verbote.

Das könnten Sie tun, um jetzt zu starten:

Status erheben: Wo stehen wir? Wie ist der Informationsstand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Wie sieht das gemeinsame Markenverständnis aus?

Monitoring etablieren: Wenn viele Stimmen weitgehend sich selbst überlassen in digitalen Medien kommunizieren, dann ist es erst recht wichtig, das Bild der eigenen Marke zu überwachen. So erfährt man frühzeitig davon, wenn etwas schief läuft. Wichtig ist es auch, Kontakte zu pflegen, denn nicht in alle geschlossenen Foren und Mikronetzwerke kommt das Monitoring hinein. Wichtig: Ein generelles Profiling der Mitarbeitenden und eine ungenehmigte Überwachung von deren Social-Media-Accounts ist nicht zulässig. Mehr dazu in diesem Markenbotschafter-Impuls. 

Social-Media-Guidelines erarbeiten und kommunizieren: Dazu gehören die Social-Media-Guidelines: Unternehmensleitung und Mitarbeitende machen sich bewusst, dass jeder, der als Unternehmensangehöriger erkennbar ist, auf die eine oder andere Weise als Vertreter der Marke wahrgenommen wird – öffentlich oder in geschlossenen Netzwerken. Je aktiver diese Rolle gestaltet wird, desto besser gelingt sie im Sinne eines gemeinsamen Marken- und Werteverständnisses. Wie das gelingt, lesen Sie in diesem Beitrag.

Dialog anbieten: Alle Unternehmensangehörigen sollten wissen, wo sie ihre Fragen stellen und an wen sie sich im Zweifelsfall wenden können.

Mehr darüber, wie das Minimum einer Markenbotschafter-Strategie aussehen sollte, finden Sie in diesem Beitrag.

Wichtig: von Anfang an alle einbinden!

Über den Erfolg jedes Markenbotschafter-Projekts entscheidet ganz wesentlich mit, dass bereits zum Start niemand vergessen wird. Das hat zum einen rechtliche Aspekte. Bei bestimmten Maßnahmen ist es zwingend, den Betriebsrat – falls vorhanden – anzuhören. Aber auf solche notwendigen Kriterien sollte man sich nicht beschränken. Daher bildet die genaue Überlegung, wer warum und wann informiert, angehört und beteiligt werden soll, einen ganz wesentlichen Bestandteil der allerersten Überlegungen.

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Die „Jeder ist ein Markenbotschafter“-Kultur

Eine „Jeder ist ein Markenbotschafter“-Kultur stellt die nächstfolgende Stufe im Unternehmensbewusstsein dar. Die Anforderungen der Minimalstrategie sind darin auf jeden Fall enthalten. Die Ausprägung einer solchen Kultur kann sehr unterschiedlich aussehen. Im Grunde sollten heute alle Unternehmen ein solches Bewusstsein pflegen, denn jedes Unternehmen hat ja Mitarbeitende, die Schnittstellen in die Öffentlichkeit bilden. Große Unternehmen wie Siemens oder Microsoft machen es vor. Aber auch Mittelständler wie etwa die fme AG, in der ein solches Bewusstsein bereits seit Jahren vorherrscht, sind hier oft sehr gut aufgestellt.

Es handelt es sich also um nichts Geringeres als einen Paradigmenwechsel, der in vielen Unternehmen erst noch zu vollziehen ist: Hier war bisher oft die Unternehmenskommunikation allein in den Fachabteilungen angesiedelt. Bezüglich nicht PR-konformer Äußerungen herrschte eher Misstrauen vor. Nun setzt sich das Bewusstsein durch, dass Vertrauen Kontrolle ersetzen muss.

Allein das Eingeständnis, dass die Mitarbeitenden mit vielen Stimmen nach außen wirken und dass sich das Markenbild aus vielen Gesichtern zusammensetzt, stellt in der internen Kommunikation, vor allem in Richtung der Führungsebenen, oft einen beträchtlichen Kraftakt dar. Nicht selten setzt es Ängste frei. Zugleich bildet es aber auch einen Prüfstein dafür, wie gut die Fehlerkultur ausgeprägt ist. Auf Handlungsbedarf deuten Fragen hin wie: „Wie verhindern wir denn, dass Mitarbeitende schädliche Äußerungen tun oder Fehler machen?“ Die Antwort darauf sollte lauten: „Es können Fehler geschehen, und es werden Fehler geschehen. Entscheidend ist, wie man damit umgeht und wie gut die Rückendeckung ist, die die Unternehmensangehörigen erfahren.“

Ist jedoch der Paradigmenwechsel angestoßen, dann verändern sich sowohl die Kultur in der externen Kommunikation als auch die interne Wertschätzung für alle Beteiligten als aktive Markenbotschafter. In Unternehmen, in denen dies bereits die Realität bildet, ist das Verständnis, dass alle Mitarbeitenden einen Teil des öffentlichen Markenbildes ausmachen, tief in der Unternehmenskultur verankert. Wer als Unternehmen mit vielen Stimmen, aber mit einem einheitlichen Verständnis nach außen und nach innen kommuniziert, ist krisenfester und sorgt zugleich auch für einen schnellen Zufluss an Informationen aus der Außenwelt.

Merkmale und typische Ausprägungen

Idealerweise gibt es in solchen Unternehmen ein ausgeschriebenes Leitbild. Jeder Beteiligte ist sich darüber im Klaren, was wo und wie kommuniziert werden darf. In der Regel haben in solchen gut funktionierenden Systemen die Einzelnen eine relativ große Freiheit sich (öffentlich) zu äußern. Die Mitarbeitenden sind sich der Rückendeckung durch die Führungsebene sicher, und es gibt eine gelebte Fehlerkultur.

Entsprechend dominiert nicht die Angst vor Shitstorms oder Enthüllungen. Stattdessen bestimmen Transparenz und Kooperation die interne und externe Kommunikation. Zur funktionierenden Zusammenarbeit gehören Kollaborationstools und intern genutzte digitale Medien.

Herangehensweise

Es gilt zunächst die Herangehensweise aus dem vorigen Abschnitt. Darüber hinaus: Eine Kultur der Transparenz nach innen und nach außen entsteht nicht über Nacht, sondern setzt in vielen Unternehmen erst einmal einen fundamentalen Wandel voraus. In streng hierarchisch organisierten Organisationen ist sie schwerer zu etablieren als in flachen, agilen Hierarchien. Letztlich ist die Frage, ob ein solcher Kulturwandel möglich wäre, oft auch ein Prüfstein für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen in sich immer schneller wandelnden Märkten.

Abhängig vom aktuellen Status fallen die ersten Schritte sehr unterschiedlich aus. Der Weg beginnt immer bei der Unternehmensstrategie und fokussiert sich erst dann auf die Kommunikationsstrategie. Womöglich erscheint es sinnvoll, das bestehende Leitbild zu überprüfen oder sogar unter Beteiligung aller Unternehmensbereiche noch einmal neu zu erarbeiten.

Meistens geschieht eine gemeinsame Erarbeitung der Außendarstellung (auch) in sozialen Netzwerken, Aktivitäten werden koordiniert und intern kommuniziert.

Eine solche Markenbotschafter-Kultur schließt die Fokussierung auf eine der folgenden Strategien nicht aus. Im Gegenteil: Sie bildet hierfür überhaupt erst die Basis.

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Das Markenbotschafter-Programm

Es gibt eine Minimalstrategie, und die Ermutigung an alle Unternehmensangehörigen, sich sichtbar zu engagieren, geht vielleicht schon über ein solches Minimum hinaus. Aber wer sich sichtbar als Markenbotschafter innerhalb der Unternehmenskommunikation engagieren will, nimmt an einem speziellen Programm teil. Dies ist beispielsweise bei den OTTO-Jobbotschaftern der Fall.

Merkmale und typische Ausprägungen

Das Markenbotschafter-Programm ermöglicht es ausgewählten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sich als sichtbare Markengesichter zu profilieren. Dazu gehört zunächst einmal die Bereitschaft sich zu engagieren. Spezielle Unterstützung findet in Form von Workshops, Camps, Mentoring-Programmen und je nach Bedarf auch individuellem Coaching statt. Solche Aufgaben verlangen Einsatz, der zumindest teilweise über die normale Arbeitsleistung hinausgeht. Dafür steigt natürlich der Wert der jeweils eigenen Personen- und Arbeitnehmermarke immens.

Da auch der Arbeitgeber beträchtliche Ressourcen bereitstellt und große Teile der Erarbeitung und des Repräsentierens in der Arbeitszeit stattfinden, gibt es oft ein Auswahlverfahren beziehungsweise eine limitierte Zahl von Teilnehmenden.

Oft bezieht sich das Markenbotschafter-Programm auch auf einen bestimmten Bereich etwa, wie bei den OTTO-Botschaftern, auf das Employer Branding.

Herangehensweise

Ein Markenbotschafter-Programm erfordert eine ausführliche Strategie- und Konzeptionsphase, in der zunächst einmal die Ziele festgelegt werden, und zwar mit Bezug auf die Unternehmens- und die Kommunikationsstrategie. Es sollte beispielsweise entschieden werden, auf welchen Bereich sich das Programm bezieht, wer verantwortlich zeichnet und wer daran beteiligt wird. Medien und Maßnahmen sind auszuwählen, sowie die Anbindung an bestehende Medien und gegebenenfalls Kampagnen. Siehe hierzu auch „Kanal-Strategie“, die meist eng damit verknüpft ist.

Ehe Unternehmensangehörige eingebunden werden, sollten die Spielregeln genau feststehen. Erst dann kann mit der Umsetzung sowie der internen und externen Kommunikation dazu begonnen werden. Zudem ist es sinnvoll, für die interne Kommunikation die Vorteile für die Einzelnen herauszuarbeiten und ihnen Ängste zu nehmen. Man darf ansonsten nicht darauf hoffen, dass sich Markenbotschafter in großer Zahl von selbst melden.

Häufig setzen Unternehmen in ihrer digitalen Markenbotschafter-Strategie auf die junge, medienaffine Gruppe der Azubis, entweder in einem speziellen Kanal – beispielsweise Instagram – oder über mehrere Kanäle hinweg. Oft geht es hier dann schwerpunktmäßig ebenfalls um das Employer Branding und die Nachwuchsgewinnung.

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Das Markenbotschafter-Pilotprojekt

Die Anforderungen an die Minimalstrategie sind erfüllt, eine grundsätzliche Aufgeschlossenheit im Unternehmen, vor allem in Unternehmensleitung und Unternehmenskommunikation, ist vorhanden. Darauf aufbauend soll nun die Corporate-Influencer-Strategie weiter ausgearbeitet und aktiver betrieben werden. Deswegen wird mit ausgewählten „Piloten“ ein Projekt gestartet.

Das Pilotprojekt als Nukleus für eine groß ausgerollte Strategie mit Corporate Influencern kommt über allen Projekten hinweg, an denen ich mitgearbeitet habe, am häufigsten vor. Zugleich hat sich aber auch immer gezeigt, dass ein solches Projekt in das Gesamtunternehmen hineinwirkt und die Wahrnehmung sowie die Kultur bei allen Mitarbeitenden verändert. Denn ein solches Projekt kann man nicht hinter verschlossenen Türen entwickeln und realisieren. Eine transparente Kommunikation in das Unternehmen hinein gehört immer dazu.

Merkmale und typische Ausprägungen

Diese Form hat natürlich einige Gemeinsamkeiten mit einem Markenbotschafter-Programm. Sie ist aber eher daraus ausgelegt, Erfahrungen für einen umfangreicheren Rollout in das Gesamtunternehmen zu sammeln. Möglicherweise ist noch nicht abschließend geklärt, wie umfangreich das Projekt werden soll oder wie viele Ressourcen dafür zur Verfügung stehen werden. Vor allem aber sollen die Mitglieder der Pilotgruppe selbst aktiv an der Erarbeitung mitwirken.

In manchen Unternehmen umfasst ein solches Pilotprojekt auch einen bestimmten Unternehmensbereich, beispielsweise Wissensträger in Forschung oder Entwicklung oder die Vertriebsabteilung. Eine solche Pilotstrategie ist dem Markenbotschafterprogramm sehr ähnlich und beinhaltet meistens eine oder mehrere Kanalstrategien. Sie kann auf eine „Jeder ist ein Markenbotschafter“-Kultur zusteuern oder die Keimzelle für ein Programm mit bestimmten Rollen bilden. Entscheidendes Merkmal ist also: Mitarbeitende übernehmen eine Vorbildfunktion und erarbeiten etwas, das später ins ganze Unternehmen ausgerollt werden soll. Darüber hinaus sind Form und Ausprägung sehr unterschiedlich.

Wie auch das Markenbotschafter-Programm kann (muss nicht!) sich ein Pilotprojekt auf einen bestimmten Schwerpunkt wie das Employer Branding beziehen oder in einem Bereich starten, beispielsweise im Vertrieb. 

Herangehensweise

Oft ist es sinnvoll, diejenigen im Unternehmen für ein solches Projekt auszuwählen, die bereits in sozialen Netzwerken als Unternehmensangehörige sichtbar und aktiv sind. Sind solche Personen noch gar nicht vorhanden, dann wird entweder eine Auswahl getroffen, oder interessierte Mitarbeitende können sich dafür bewerben.

Die Herangehensweise kann sehr unterschiedlich aussehen. Dies ist nicht nur von der Unternehmensgröße abhängig. Entscheidungen müssen auch bezüglich der Auswahl der Personen, der Größe der Pilotgruppe sowie des ersten Zeitrahmens getroffen werden. Dies sollte von einem Projektteam erarbeitet werden, das auch eine erste Roadmap vorlegt. Dann folgen das Onboarding der Piloten sowie ein erster gemeinsamer Kick-off. Alles Weitere ist eine Frage der individuellen Erarbeitung.

Bei der gesamten Erarbeitung ist es entscheidend, gut zu dokumentieren und sich intensiv auszutauschen. Hindernisse, Hemmungen und Widerstände, die auftreten, können genutzt werden, um es Nachfolgenden leichter zu machen. Der erste Schritt besteht also wie beim Markenbotschafter-Programm in der fundierten strategischen und konzeptionellen Erarbeitung.

Darüber hinaus gelten die Hinweise aus den vorigen Abschnitten.

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Die Kanal-Strategie

Jede umfassende Markenbotschafter-Strategie braucht Teil- oder Kanalstrategien, die eng mit den anderen Teilstrategien verknüpft und integriert sind. Die Einbindung von Markenbotschaftern in der Gesamtkommunikation kann sich aber auch ganz oder hauptsächlich auf einen Kanal fokussieren

Merkmale und typische Ausprägungen

Sichtbare, mit Namen wiedererkennbare Mitarbeiter in digitalen Medien: Dies waren eigentlich die ersten Markenbotschafter, zunächst etwa als Mitarbeiter-Autor*innen. Inzwischen hat sich dies auf soziale Netzwerke ausgeweitet, und auch hier sind die Ausprägungen sehr individuell. Dies kann schon damit beginnen, dass ein Unternehmen sich beispielsweise auf ein Business-Netzwerk wie LinkedIn fokussiert und alle Mitarbeiter, die hier ebenfalls ein Profil haben, erkennbar sind.

Oft ist eine Kanalstrategie mit einem Pilotprojekt verbunden und beinhaltet beziehungsweise kombiniert zugleich weitere Formen, wie etwa eine Leuchtturm-Strategie.

Herangehensweise

Auch hier gilt, was ich zuvor bereits beschrieben habe: Zuerst Strategie, dann Kommunikation, dann Teilstrategie. Es gibt jedoch zwei mögliche Herangehensweisen.

Zum einen kann man von der Person oder den Personen, etwa einer Pilotgruppe, ausgehen und für diese dann den geeigneten Kanal oder die Kanäle auswählen. Oder man bestimmt zuerst den Kanal – etwa Corporate Blog, LinkedIn oder Instagram – und stellt dann die Mitwirkenden zusammen. Dies ist immer im Zusammenhang der gesamten Markenbotschafter-Strategie zu entscheiden.

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Die Leuchtturm-Strategie

Der/die CEO als oberster Markenbotschafter: Bill Marriot oder Richard Branson machten es vor, Elon Musk ist ein weiteres sehr bekanntes Beispiel. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es immer mehr CEOs, die sich in digitalen Medien engagieren – aber auch noch sehr viele, die sich diesbezüglich (zu) sehr zurückhalten.

Merkmale und typische Ausprägungen

Ob als CEO-Blogger, als Social CEO oder auf Veranstaltungen: Unternehmenschefs haben ohnehin schon eine hohe Sichtbarkeit. An ihre Äußerungen werden ganz andere Maßstäbe angelegt, als es bei einzelnen Mitarbeitenden der Fall ist. Deswegen brauchen sie intensive Begleitung und Unterstützung. Deswegen brauchen sie intensive Begleitung und Unterstützung.

Ausgearbeitete Kanal-Strategien sind daher immer ein wesentlicher Bestandteil einer Leuchtturmstrategie. Es muss übrigens keineswegs nur ein einzelner der Vorstand oder Geschäftsführer*in sein, die/der mit gutem Beispiel vorangeht. Auch ein ganzes Führungsteam oder herausragende Protagonisten der Firma können sich auf diese Weise positionieren.

Idealerweise ist eine Leuchtturmstrategie in einen größeren Zusammenhang eingebettet. In etlichen Projekten, die ich betreue und mit entwickelt habe, ist die/der CEO eine*r von mehreren, etwa in einem Pilotprojekt. Gleichwohl ist es fast immer angeraten, den Personen aus der Führungsebene nochmal zusätzlich Aufmerksamkeit und eine eigene strategische Erarbeitung zu widmen.

Herangehensweise

Ein oberster Markenbotschafter, der sich sichtbar und nahbar macht, ist ein hervorragendes Beispiel für alle anderen Unternehmensangehörigen. Hält sich die Führungsebene bedeckt, sehen andere oft auch keinen Grund, sich zu exponieren.

Die Herangehensweise ähnelt in den meisten Aspekten den bereits zuvor genannten, insbesondere dem Markenbotschafter-Programm, beziehungsweise setzt darauf auf. Allerdings sind die Kanäle besonders sorgfältig auszuwählen. Je nach Sichtbarkeit, Größe des Unternehmens und geplantem Umfang sollte ein ganzes Team dabei helfen, den Kommunikations- und Kontaktaufwand zu bewältigen, und es braucht ein gutes Monitoring.

Die Herausforderung, wenn mehrere mithelfen: Authentisch und persönlich zu bleiben und nicht persönliche Profile als Verlautbarungskanäle zu nutzen. Die Sache funktioniert nur dann, wenn der oder die Betreffende sich wirklich auch selbst engagiert.

Auf das Thema Social CEO/Leuchturmstrategie werde ich in einem Folgebeitrag detailliert eingehen, der dann hier verlinkt wird. 

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Die Rockstar-Strategie

In der Rockstar-Strategie vereinen sich in gewisser Weise das Influencer-Marketing und die Corporate-Influencer-Strategie. Eine Rockstar-Strategie setzt auch auf einen gut sichtbaren Leuchtturm. Aber hier handelt es sich eigentlich um ein Testimonial, einen Influencer, ein Werbegesicht, das als fest angestellter Mitarbeiter in ein Unternehmen eintritt, um sich als Markenbotschafter zu engagieren. Ein Beispiel dafür ist Robert Scoble, der bei Microsoft als „Evangelist“ für ein Betriebssystem einstieg und dafür bereits seinen bekannten Namen und Status als Blogger mitbrachte. In Deutschland trat der bekannte Tech-Blogger Sascha „Palle“ Pallenberg in seine Fußstapfen, indem er 2016 in die Unternehmenskommunikation von Daimler wechselte. (2021 hat er das Unternehmen übrigens wieder verlassen.)

Der Aufgabenbereich kann dabei stark variieren, zwischen reinen Botschafter-Aufgaben bis hin zu Mitarbeit in einem Fachbereich. Ein „Rockstar“ kann andererseits aber auch seine Personenmarke während der Tätigkeit im Unternehmen aufgebaut haben. Einige der Interviewpartner in meinem aktuellen Buch, etwa Magdalena Rogl (Microsoft; Link zum LinkedIn-Account), könnte man ebenfalls so bezeichnen.

Merkmale und typische Ausprägungen

Ein Rockstar ist eigentlich ein Testimonial, ein Influencer, ein Werbegesicht, das in ein Unternehmen eintritt, um sich als Markenbotschafter zu engagieren.

In der Rockstar-Strategie vereinen sich in gewisser Weise das Influencer-Marketing und die Corporate-Influencer-Strategie. Zudem setzt eine Rockstar-Strategie auch auf einen gut sichtbaren Leuchtturm – insofern verbinden sich auch hier verschiedene Formen .

Aber beim Rockstar handelt es sich eigentlich um ein Testimonial, einen Influencer, ein Werbegesicht, das als fest angestellter Mitarbeiter in ein Unter- nehmen eintritt, um sich als Markenbotschafter zu engagieren. Der Aufgabenbereich kann dabei stark variieren, zwischen reinen Botschafter-Aufgaben bin hin zu Mitarbeit in einem Fachbereich. Ein »Rockstar« kann andererseits aber auch seine Personen- marke während der Tätigkeit im Unternehmen aufgebaut haben. Einige der Interviewpartner in diesem Buch, etwa Magdalena Rogl, könnte man ebenfalls so bezeichnen.

Mit einer Rockstar-Strategie kann es gelingen, neue Zielgruppen zu erschließen, ein Image aufzupolieren oder einer Marke überhaupt erst Sichtbarkeit zu verleihen. Bereits 2005 schrieb „The Economist“ über den oben erwähnten Robert Scoble:

„He has also succeeded where small armies of more conventional public-rela- tions types have been failing abjectly for years: he has made Microsoft, with its history of monopolistic bullying, appear marginally but noticeably less evil to the outside world, and especially to the independent software developers that are his core audience.“ 

Herangehensweise

Es lässt sich schon jetzt absehen, dass in bestimmten Bereichen neue Mitarbeitende besonders attraktiv für das Unternehmen sind, wenn sie bereits Sichtbarkeit und damit Einfluss als starke Personenmarke (nicht nur) in sozialen Netzwerken mitbringen, die sie aber in einem Unternehmen aufgebaut haben.

An den Beispielen Sascha Pallenberg oder Magdalena Rogl sieht man sehr gut, dass auch eine Rockstar-Strategie am besten funktioniert, wenn sie in einen größeren Kontext mit Corporate Influencern eingebunden ist. Insofern gelten uneingeschränkt die Hinweise aus den anderen Strategien – je nachdem, wo der Schwerpunkt gesetzt wird.

Wie auch in der Leuchtturmstrategie ist dabei darauf zu achten, dass mit der Erarbeitung zugleich reproduzierbare Standards geschaffen und gut dokumentiert werden. So können auf einen Rockstar weitere folgen, und so bleiben die geschaffenen Werte und Erfolge dem Unternehmen auch dann erhalten, wenn der oder die Betreffende weiterzieht.

Darüber hinaus gelten die Tipps und Hinweise für die Erarbeitung, die ich auch schon in den vorigen Punkten genannt habe.

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Kurzer Exkurs: Mitarbeitende als Werbegesichter

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Gesichter in der klassischen Werbung: Dies ist ein recht traditionelles Genre, das mit dem heutigen Selbstverständnis einer Markenbotschafter-Rolle aller Unternehmensangehörigen nur bedingt etwas zu tun hat, weil es einen anderen Bereich der Unternehmenskommunikation betrifft. Hier soll es nur der Vollständigkeit halber genannt werden. Gleichwohl kann es natürlich eng damit verknüpft sein. Der Unternehmer Claus Hipp, der Seitenbacher-Chef Willi Pfannenschwarz mit seiner Radiowerbung oder der (ehemalige) ERGO-Chef Peter Endres, der in TV-Spots auftrat, sind Beispiele für Firmenchefs als Werbe-Testimonials aus dem eigenen Haus. Ein sehr bekannter Case sind bereits seit 2015 die Mitarbeitenden der BVG in der Kampagne #weilwirdichlieben (Link zum Twitter-Account).

Fazit: Nicht die Form entscheidet über den Erfolg

Es gibt also nicht die eine Markenbotschafter-Strategie, auf die sich ein Unternehmen fokussieren muss. Letztlich ist nicht die Bezeichnung entscheidend. Verschiedene Formen können hervorragend nebeneinander stehen und einander ergänzen. Aber es hilft, die verschiedenen Ausprägungen zu kennen und sich zum Start für einen Schwerpunkt zu entscheiden. Diese Entscheidung muss in der Unternehmensleitung fallen, doch alle weiteren Beteiligten sind frühzeitig einzubinden.

Die Voraussetzung für den Erfolg ist eine ganzheitliche Sicht. Die interne Kommunikation ist mindestens ebenso wichtig wie die externe. Dazu gehören zeitgemäße Instrumente des Monitorings, der Zusammenarbeit und der Dokumentation.

Eine Markenbotschafter-Strategie funktioniert nicht per Diktat, sondern nur, wenn jeder daran Beteiligte seine eigenen Vorteile erkennt – und wenn klar ist, dass es in diesen Zeiten nicht nur für Unternehmen sinnvoll ist, sich Gedanken über Markenbotschafter zu machen, sondern auch für jede*n Einzelne*n.

Vor dem Start: Rechtliche Aspekte unbedingt beachten!

Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielt in die Markenbotschafter-Strategie eingebunden werden, so hat dies auch rechtliche Folgen. Bevor Sie starten, sollten Sie sich hier unbedingt kundig machen und am besten auch beraten lassen.

In dem Buch „Markenbotschafter – Erfolg mit Corporate Influencern“ gibt es einen ausführlichen Rechtsteil mit Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwenke. Teile daraus finden Sie in den folgenden Beiträgen.

 

Dr. Kerstin Hoffmann
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