Wenn die Firmenkultur wie von selbst Corporate Influencer hervorbringt

Markenbotschafter-Interview Nr. 2: Tina Lenitzki, Director Marketing, fme AG

Spannende Einblicke in 20 Jahre Erfahrung mit sichtbaren Mitarbeitenden in Employer Branding, Marketing und interner Kommunikation gibt es in diesem Video. Unten im Beitrag finden Sie zudem die komplette Transkription des Gesprächs zum Nachlesen.

Als ich Tina Lenitzki in einem Telefonat das erste Mal auf die Markenbotschafterstrategie der fme AG ansprach, war sie regelrecht erstaunt. Von Markenbotschaftern oder Corporate Influencern war im Unternehmen bisher explizit gar nicht die Rede gewesen. Viel zu selbstverständlich war es für Geschäftsleitung und Mitarbeitende seit vielen Jahren, sich für den Arbeitgeber sichtbar zu machen, auch – aber nicht nur – in sozialen Netzwerken.

Dabei verwirklicht das Unternehmen jedoch in enger Zusammenarbeit von Geschäftsleitung, Marketing und HR sehr viele Merkmale erfolgreicher Markenbotschafterstrategien: Mitarbeitende erfahren schon im Vorstellungsgespräch, welche Werte für die Firma zählen. Es gibt eine offene Feedbackkultur und regelmäßige Mitarbeiterbefragungen. Mittels eines Online-Tools wird es all denjenigen, die sich an einem speziellen Programm beteiligen, sehr leicht gemacht, eigene Inhalte und Unternehmenscontent in Social Media zu teilen.

Im Interview spricht Tina Lenitzki über gut 20 Jahre (!) Erfahrung mit sichtbaren, engagierten Mitarbeitenden. Sie verrät, wie der Arbeitgeber aktiv mit Kritik umgeht – intern, aber auch auf Bewertungsplattformen wie kununu. Abschließend nennt sie drei Erfolgsfaktoren und gibt Tipps für die Umsetzung.

Ich finde, diese spannenden und detaillierten Einblicke sind hilfreich für alle diejenigen, die in irgendeiner Weise an diesem Thema arbeiten.

Neues Videoformat: Die Markenbotschafter-Interviews

Das Video ist die zweite Folge meiner neuen Reihe mit Markenbotschafter-Interviews. In lockerer Folge spreche ich mit Markenbotschaftern/Corporate Influencern sowie Verantwortlichen aus Unternehmen. Sie erhalten detaillierte Einblicke in Projekte, Antworten auf drängende Fragen, wertvolle Praxistipps sowie authentische Erlebnisberichte. Ich setze damit auf den Best-Practice-Interviews aus meinem aktuellen Buch „Markenbotschafter – Erfolg mit Corporate Influencern“ auf.

Zur Person: Tina Lenitzki

An der TU Braunschweig absolvierte Tina Lenitzki 1995 ihr Magister-Studium der Anglistik und sammelte nachfolgend bei IT-Herstellern und -Distributoren Berufserfahrung als Assistentin der Geschäftsleitung und später Marketing Specialist. Der Einstieg bei der fme erfolgte im Januar 2000 und seit 2006 leitet sie die Marketing-Abteilung.

Links aus dem Video

fme AG in Social Media:

 

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Das komplette Transkript des Markenbotschafter-Interviews mit Tina Lenitzki

Kerstin Hoffmann: Best Practice aus erster Hand: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe der Markenbotschafter-Interviews. Heute spreche ich mit Tina Lenitzki, Director Marketing bei der fme AG. Hallo Frau Lenitzki!

Tina Lenitzki: Hallo Frau Dr. Hoffmann!

Hoffmann: Frau Lenitzki, ich kann mich noch an unseren allerersten Kontakt erinnern. Über einen Kollegen war ich auf Ihr Culture Book aufmerksam geworden – ich war gerade dabei, mein aktuelles Markenbotschafterbuch zu schreiben. Wir haben telefoniert, und ich habe gesagt, ich würde gerne mit Ihnen über Ihre Markenbotschafterstrategie sprechen. Und da haben Sie sinngemäß gesagt: „Wie – Markenbotschafterstrategie? Haben wir gar nicht.“ Dann haben wir uns unterhalten und festgestellt, dass Sie eigentlich eine sehr, sehr gute Markenbotschafterstrategie haben, dass sie schon sehr lange Mitarbeitende haben, die Gesicht zeigen fürs Unternehmen, und dass das bei ihnen sogar besser funktioniert als in vielen Unternehmen, die es explizit so nennen. Wie muss oder wie sollte denn eine Unternehmenskultur aussehen, in der Corporate Influencer praktisch von selbst aufstehen?

Lenitzki: Das ist eine ganz umfassende Frage. Tatsächlich, denke ich, ist die Unternehmenskultur ganz wichtig, dass die Unternehmensleitung dahintersteht. Als ich hier im Jahr 2000 bei der fme angefangen habe, da habe ich diese Unternehmenskultur direkt kennengelernt. Auch im Einstellungsgespräch wurden schon bestimmte Fragen gestellt, mit denen mein heutiger Chef, der immer noch dabei ist, herausgefunden hat, ob ich zur fme, zum Team der fme passe. Und das machen wir halt heute auch noch so.

Das heißt, hier gibt es ein festes Wertekonzept, was auch gelebt wird. Das kann man auf unserer Webseite nachlesen. Das sind Unternehmenswerte, wie beispielsweise: offen, ehrlich und fair. Man kann jederzeit Fragen stellen, auch kritische Fragen. Man kann sich ins Unternehmen einbringen. Wir wollen nachhaltig arbeiten, damit wir nachhaltig Erfolg haben mit unseren Kunden, damit wir die Mitarbeiter binden können. Wir haben hier eine offene Unternehmenskultur. Das heißt, wir haben ein Social Intranet, in dem kommuniziert wird, regelmäßig. Wir haben Company-Meetings, in denen wir unsere Mitarbeiter regelmäßig informieren. Überhaupt: Der Fokus auf den Mitarbeiter wird und wurde damals auch schon ganz hoch gesetzt, damit die Mitarbeiter ein Umfeld haben, in dem sie sich wohlfühlen, in dem sie sich einbringen können.

Natürlich gehören auch spannende Projekte mit tollen Kunden dazu, damit die Motivation eben aus der Arbeit herauskommt. Aber unter anderem steht in unseren Unternehmenswerten, dass wir Freude bei der Arbeit haben wollen und dass Arbeit auch gerne Spaß machen darf, sozusagen, dass das nicht verboten ist. Und da sind die Kollegen aus der Personalabteilung, und wir im Marketing arbeiten da dran. Auch alle Führungskräfte natürlich. Dass die Mitarbeiter sich hier wohlfühlen, dass ihnen Vertrauen entgegengebracht wird, dass sie sich einbringen können, dass sie ein Teil der fme-Familie sind an dieser Stelle. Und dann ergibt sich das eben so, dass sie auch bereit sind – damals, als wir mit dem Culture Book begonnen haben –, dass dann die Mitarbeiter gesagt haben: „Mensch, zur Firmenkultur, da fallen mir diese drei Dinge ein, da schreibe ich mal was.“ Oder einer hat ein Kreuzworträtsel beispielsweise gemacht oder so. Die dann auch Lust haben, dazu etwas beizutragen. Die Mitarbeiter fühlen sich hier gewertschätzt. Und wir haben ganz viele Kollegen, die schon sehr, sehr lange dabei sind.

Hoffmann: Sie haben schon verschiedene Stichworte genannt. Einmal zuerst den Blick nach innen richten, dann haben Sie kurz beschrieben, wie Sie kollaborieren, das heißt, dass Sie ein Social Intranet haben. Und Sie haben auch darüber gesprochen, dass die Geschäftsleitung mit gutem Beispiel vorangeht. Und Sie haben Aspekte aus dem Employer Branding vor allem zuerst genannt. Das heißt, die Positionierung als Arbeitgebermarke. Und Sie haben beschrieben, dass Sie ganz eng zusammenarbeiten zwischen HR und Marketing. Jetzt über die Mitarbeitergewinnung und -bindung hinaus: Wie weit spielt denn das Marketing eine Rolle bei den sichtbaren Mitarbeitenden? Das heißt, zeigen diese sich auch in der Kundenakquise nach außen, oder wie wirkt sich das im Marketing aus?

Lenitzki: Ja. Wir sind in verschiedenen Bereichen integriert, natürlich. Also beispielsweise über Social Media. Da gibt es eine Plattform, eine Software, mit der wir arbeiten, letzten Endes, die es unseren Mitarbeitern ermöglicht, über ihre eigenen Social-Media-Kanäle den Content der fme zu teilen. Diese Plattform ist mit dem Marketing initiiert worden. Das steuern wir so ein bisschen. Dann, wenn es darum geht, das Culture Book zu machen: Das übernimmt inzwischen die Personalabteilung. Die aktualisieren das alle zwei Jahre.

Wir machen auch beispielsweise Videos zum Thema Employer Branding, wenn es darum geht, Personen bei der fme einfach mal sich vorstellen zu lassen und zu erklären: Was machen sie eigentlich hier? Beispielsweise als Berater in Softwareprojekten: Was ist da ihre Aufgabe? Was macht ihnen besonders Spaß? Und warum ist die Arbeit bei der fme ganz besonders? Da spielen wir natürlich eine Rolle. Das heißt, wir überlegen uns gemeinsam mit der Personalabteilung: Welche Videos wollen wir eigentlich produzieren? Und dann rufen wir intern auf und fragen, wer Lust hat, da mitzuwirken. Manchmal suchen wir uns auch direkt Personen raus.

Dann gibt’s Jobmessen, auf die wir auch Mitarbeiter mitnehmen. Nicht nur die Kolleginnen und Kollegen aus der Personalabteilung sind auf den Jobmessen, sondern auch wirklich beispielsweise an die Schulen, gehen dann Auszubildende mit und sind da mit dabei. Also, da sind wir natürlich als Marketing so ein bisschen … federführend würde ich vielleicht nicht sagen, aber Strippen ziehend dann schon mit dabei, die Dinge so ein bisschen zu koordinieren. Beispielsweise haben die Mitarbeiter auch über unseren Blog die Möglichkeit, ihr Fachwissen, ihre Kompetenz zu unseren verschiedenen Portfolio-Themen zu teilen. Und das geht dann natürlich eher in Sichtbarkeit für uns als Unternehmen, für unsere Dienstleistungen und Produkte. Das heißt, so ein bisschen Awareness für uns als Unternehmen ist dabei. Man kann vielleicht sagen Neukundengewinnung. Aber wir richten uns natürlich auch mit an unsere bestehenden Kunden. Mit dem Content beispielsweise über Blog oder Video, die dann sehen: „Mensch, fme, die sind immer noch dabei und mit denen arbeite ich auch gerne.“ Das ist dann so ein bisschen Bestätigung für unsere Bestandskunden.

Hoffmann: Stichwort „Culture Book“. Sie haben es ja schon mehrfach erwähnt. Also „Kulturbuch“ Ihres Unternehmens. Was ist das genau?

Lenitzki: Ja, das ist eine Idee, die mein Chef tatsächlich mal mitgebracht hat. Und zwar war das ursprüngliche Culture Book von Zappos, von einem Schuhhandel, was zwischendurch Amazon übernommen wurde. Und da hatten die Mitarbeiter die Möglichkeit, sich zur Firmenkultur zu äußern. Und er fand das so spannend, dass er gesagt hat: Wir wollen das für die fme auch machen. Und haben das halt vor vielen Jahren ins Leben gerufen. Das ist ein Buch, was wir wirklich auch im Print drucken. Natürlich kann man das auch Online auf unserer Website durchblättern als PDF. Das machen wir alle zwei Jahre und da dürfen und können die Mitarbeiter alles aufschreiben, malen, zeichnen, was ihnen zum Thema fme-Kultur einfällt. Wir korrigieren da nur Tippfehler, die vielleicht dabei sein sollten, übersetzen das dann ins Englische, weil wir ein internationales Unternehmen sind. Und das nutzen wir eben zum Recruiting auf Jobmessen. Wir teilen das in Vorstellungsgesprächen dann im Anschluss aus, und inzwischen bringen wir das manchmal auch unseren Kunden mit, einfach um ihnen zu zeigen, bisschen zum Nachlesen, wie unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen so ticken und was uns in der Zusammenarbeit wichtig ist. Ganz interessanter Punkt, dass Sie gesagt haben, wir greifen da überhaupt nicht ein, über Tippfehler hinaus.

Hoffmann: Das ist ja oft eine Befürchtung in Unternehmensleitungen, dass die sagen: „Ja, wenn wir den Mitarbeitenden freie Hand lassen und die können unkontrolliert auch in sozialen Netzwerken schreiben oder sagen, was sie wollen, dann könnte ja auch Kritik kommen.“ Ist das mal passiert oder müssen Sie mit Kritik umgehen oder gibt’s da kritische Punkte? Wie handhaben Sie das?

Lenitzki: Also, es gibt sicher mal kritische Punkte. Wir haben auch im Culture Book Beiträge, wo jemand durchaus oder mehrere Personen sich durchaus auch mal kritisch zu bestimmten Bereichen äußern. Aber das ist eben so. Wir versuchen natürlich immer direkt darauf einzugehen, wenn die Mitarbeiter ihren Namen da drin haben. Sie können das auch anonym machen. Dann würde natürlich die Vorgesetzten mit demjenigen sprechen. Abgesehen davon gibt’s bei uns auch eine Feedback-Kultur regelmäßig, die hier etabliert ist. Das heißt, wir warten natürlich nicht dann bis auf das nächste Culture Book, um das Feedback von unseren Mitarbeitern einzuholen.

Neben den regelmäßigen Feedback- Gesprächen gibt’s auch bei uns regelmäßig eine Mitarbeiterbefragung, wo jeder zu verschiedenen Bereichen sich frei äußern kann und wo wir das dann hinterher auswerten. Und für uns ist Kritik ganz wichtig, weil nur das bringt uns als Unternehmen auch nach vorne. Wir lernen daraus gemeinsam. Beispielsweise auf kununu gibt’s natürlich auch manchmal Feedback, was einem als Arbeitgeber nicht so 100 Prozent schmeckt. Aber da kommentieren wir dann auch aus unserer Warte, kommentieren das, wenn wir das Gefühl haben, da ist etwas nicht richtig dargestellt. Damit das so ein bisschen geradegerückt wird. Aber schreiben auch immer drunter: „Mensch, wenn du noch bei der fme arbeitest, dann sprich doch bitte mal mit deinem Vorgesetzten, oder komm zu uns ins Personalteam, damit wir das Problem lösen können.“

Hoffmann: Das zeigt ja auch: Mitarbeiter fördern sich zu zeigen oder etwas zu sagen, geht ganz, ganz weit über Marketing oder PR hinaus. Aber es spielt natürlich auch in Medien und in soziale Medien hinein. Haben Sie denn Social-Media-Guidelines? Gibt es Regeln, oder schulen und unterstützen Sie Mitarbeitende darin, ihre Präsenzen aufzubauen in sozialen Netzwerken?

Lenitzki: Ja, wir haben Social-Media-Guidelines. Wir weisen auch auf unser … Smarp heißt das Tool, was wir nutzen, dass die Mitarbeiter den Unternehmenscontent auch auf ihren eigenen Netzwerken teilen können. Da weisen sind wir schon beim Onboarding darauf hin. Und wer an diesem Programm teilnimmt, der hat die Möglichkeit, sich ein Online- Tutorial anzuschauen, was wir mal aufgenommen haben, gemeinsam mit dem Hersteller, wo wir so ein bisschen Best Practices teilen und sagen: Was funktioniert gut? Worauf sollte man vielleicht achten?

Und wir sind auch dabei, ein Social-Media-Team aufzubauen, was dann möglichst aus allen Bereichen des Unternehmens zusammengesetzt ist. Was dann die verschiedenen Mitarbeiter auch jeweils begleiten kann.

Wir haben auch im Intranet eine Gruppe zu dem Smarp-Thema, so dass dort Fragen gestellt werden können, wenn mal was nicht geht oder wenn jemand eine Frage hat. Also das begleiten wir schon. Natürlich darf niemand da Inhalte ins Internet stellen, die ihm persönlich oder dem Unternehmen schaden. Darauf achten wir natürlich schon, aber ansonsten sind die Mitarbeiter da sehr frei.

Hoffmann: Das heißt, für dieses Programm muss man sich bewerben oder kann da jede und jeder aus dem Unternehmen mitmachen?

Lenitzki: Da kann theoretisch jeder und jede aus dem Unternehmen mitmachen, der das gerne möchte. Wir haben derzeit eine begrenzte Anzahl an Lizenzen und schauen dann, ob die Anzahl noch reicht oder schmeißen dann auch vielleicht mal jemanden raus, der nicht aktiv an dem Programm teilnimmt, der das eher nur lesend dann nutzt. Die schmeißen wir dann auch mal raus und sagen: „Wenn du aktiv wieder dabei sein willst, dann melde dich doch einfach.“ So dass wir eigentlich immer genügend Seats zur Verfügung haben und dann auch für das Tool, was natürlich auch Kosten verursacht, möglichst viel Effizienz dann am Ende dabei auch haben.

Aber grundsätzlich kann und sollte da jeder dran teilhaben, der möchte. Welche Rolle spielt denn Ihre Geschäftsleitung in dem Ganzen? Inwieweit haben sie eine Vorbildfunktion, und wie wichtig ist das für die Mitarbeitenden? Also, unser Vorstand, wenn ich von dem jetzt mal sprechen möchte, unser Vorstandsvorsitzender, der ist – wenn man jetzt den Gamification-Aspekt der Plattform sich mal anschaut –, der ist immer top dabei, sozusagen. Der hat natürlich ein großes Netzwerk, teilt den Content des Unternehmens auch auf den verschiedensten Plattformen und ist eben selber aktiv dabei, findet das auch klasse und teilt mit Begeisterung unsere Posts, genauso wie die anderen Kollegen aus dem Management. Und ich denke, das ist auch, eben wie Sie gesagt haben, als Vorbildfunktion ganz wichtig. Und das motiviert natürlich die Mitarbeiter.

Und letzten Endes als Unternehmen möchten wir natürlich schon gerne, dass die Kollegen und Kolleginnen, die bei uns hier die verschiedenen Themen vorantreiben – egal jetzt, ob das die HR ist zum Thema Employer Branding oder die verschiedenen Kollegen aus den Business Units, die ihre Themen an potenzielle Kunden raustragen möchten –, dass die eben selber dabei sind und ihr Thema dann auch über Social Media dann eben pushen können. Und von daher ist das natürlich in gewissen Bereichen auch sehr gewünscht.

Hoffmann: Welche sozialen Netzwerke sind denn da von besonderer Bedeutung, welche nutzen die einzelnen Personen?

Lenitzki: Hier in Deutschland ist XING natürlich stark vertreten. LinkedIn, denn die meisten Kollegen sind auch bei LinkedIn unterwegs. Einige haben auch ein Twitter-Profil. Facebook haben auch viele noch. Kommt immer so auf die Altersstruktur an. Ich bin jetzt vielleicht … ich habe ein Facebook-Profil, aber bin schon fast zu alt dafür. Oder zu jung. Je nachdem, wie man das sagen will. Was wir nicht bedienen, sind jetzt irgendwelche ganz neuen Social-Media- -Kanäle, wo man stündlich, täglich am Ball sein muss. Wir machen jetzt nicht irgendwelche Choreografien, da fällt mir gerade die Plattform nicht ein, wo man immer die Songs nachtanzt … (TikTok) Genau, TikTok unterstützen wir nicht. Aber ansonsten sind wir auf den gängigen Plattformen unterwegs, seit einiger Zeit auch auf Instagram. Da haben wir ein Unternehmensprofil. Da geht es aber eher um Blick hinter die Kulissen. Also wirklich Employer Branding. Und da haben wir auch nur einen Kanal für die gesamte Unternehmensgruppe. Ansonsten sind wir lokal für die Ländergesellschaften aufgestellt.

Hoffmann: Sie sind ja selbst auf LinkedIn sehr aktiv, ich sehe das immer, seit wir im Kontakt sind. Haben Sie da eine persönliche Strategie? Wie gehen Sie da vor? Haben Sie einen Redaktionsplan, oder was ist Ihnen persönlich da wichtig?

Lenitzki: Einen Redaktionsplan habe ich nicht für mich selbst. Für das Unternehmen sind wir gerade dran, an dem Redaktionsplan zu feilen, natürlich. Aber ich selber schau halt einfach: Welchen Content haben wir gerade in unserer Plattform? Ich bin natürlich als Admin da auch mit dabei, weiß selber, welche Blogs gerade neu sind, sozusagen. Schaue mir den Content an, egal ob das jetzt fachlich aus den verschiedenen Portfolio-Topics ist oder ob es um uns als Unternehmen geht. Ich schaue mir den Content an und überlege dann: Was ist davon jetzt relevant für mein Netzwerk? Wen habe ich da als Follower?

Und meine Strategie ist – das ist auch die Empfehlung des Herstellers übrigens -, dass man den Content für sich personalisiert. Wir geben immer so eine kleine Message mit, so dass die Mitarbeiter wirklich per einem Klick den Content auf ihrem eigenen Kanal teilen können. Aber meine Strategie ist eben wirklich zu überlegen: Was ist relevant für meine Follower an der Stelle? Und wie kann ich die jetzt persönlich noch ansprechen oder da mit ins Boot holen, damit die wirklich auch den entsprechenden Blogbeitrag lesen. Zum Beispiel wenn es jetzt in dem Fall mal um eine Kollegin geht, dann würde ich nicht schreiben „die Mitarbeiterin der fme“, sondern würde schreiben „meine Kollegin aus dem Sales, Frau Soundso, hat gerade …“ – oder Frau Soundso ist blöd, weil wir duzen uns ja alle. Also, meine Kollegin Monika beispielsweise, die teilt jetzt gerade da einen spannenden Blog zum Thema XY, schaut doch mal vorbei. Das könnte auch für euch interessant sein.

Also eher das Personalisieren und das wirklich Auswählen, was ist für meine Zielgruppe relevant. Das ist eher so meine Strategie.

Hoffmann: Jetzt schauen hier wahrscheinlich auch viele Marketing-, Kommunikations- und PR- Verantwortliche zu, und wahrscheinlich solche, die selbst auch Markenbotschafterstrategien schon aufgesetzt haben oder noch aufsetzen wollen. Wie wichtig ist es denn für Sie als Director Marketing, als Marketing-Verantwortliche selbst persönliche Erfahrungen in sozialen Netzwerken zu sammeln, um das dann auch weiterzugeben und für andere mit umzusetzen?

Lenitzki: Das ist natürlich sehr wichtig, dass man eben sieht, wie interaktiv sind vielleicht welche Plattformen. Was muss ich tun oder möchte ich tun, um meine Ziele dort zu erreichen? Die können ja vielfältig sein. Möchte ich mich zu einem bestimmten Thema Kompetenz-Marketing-technisch dort positionieren, oder möchte ich meine Kollegen in der Personalabteilung unterstützen, einfach neue Mitarbeiter zu gewinnen? Und dazu muss man oder sollte man, denke ich, die verschiedenen Plattformen mit ihren Schwerpunkten, mit der eigenen Sprache … – fängt ja schon an beim Du oder Sie, oder in welcher Landessprache spreche ich jetzt dann?

Da sollte man dann schon gute Erfahrungen haben, damit man dann auch intern diese Erfahrungen weitergeben kann als Tipps und Tricks, damit es den Mitarbeitern des Unternehmens oder meinen Kollegen und Kolleginnen dann eben auch ein bisschen leichter fällt. Ich denke, das ist schon sehr wichtig.

Hoffmann: Frau Lenitzki, vielen Dank für diese spannenden Einblicke. Ich glaube, über 20 Jahre Erfahrung in einem Unternehmen mit von Anfang an sichtbaren Mitarbeitenden, das ist schon herausragend in Deutschland – und nicht nur in Deutschland. Gibt es denn drei Learnings und drei Tipps, die Sie anderen aus dieser Erfahrung heraus mitgeben könnten?

Lenitzki: Ich denke schon, dass die Firmenkultur, über die wir ja vorhin schon gesprochen haben, eine ganz wichtige Basis ist, dass die Mitarbeiter sich als Teil des Unternehmens verstehen und auch dann Lust haben, über das Unternehmen zu sprechen, egal ob auf Social-Media oder auf einer Jobmesse oder ob sie als Fotomodell für eine Imagebroschüre oder in einem Video mitwirken beispielsweise.

Da ist die Firmenkultur wirklich entscheidend. Dann sollten die Mitarbeiter*innen die Lust haben, sich dort zu beteiligen, als Markenbotschafter tätig zu sein. Die sollten natürlich inhaltlich auf jeden Fall was zu sagen haben, und sie sollten Spaß daran haben, sich selbst zu positionieren. Das heißt, es beruht auf Freiwilligkeit. Man kann, glaube ich, nicht jeden dazu überreden oder zwingen, etwas auszusagen, wo er nicht hinter steht. Und das ist eben auch ganz wichtig, dass es eine Kann-, aber nicht Muss-Strategie ist.

Und klar, ist vielleicht noch ein Punkt: Mitarbeiter, die … ja, da bin ich mir jetzt nicht sicher, ob das Mitarbeiter sein müssen, die supergern im Unternehmen sind. Weil ich denke, auch wenn man kritische Äußerungen hat, dann spricht das ja für, wie das so schön gesagt wird, für Authentizität und findet auch seinen Platz. Und da hat jeder die Möglichkeit dann. Auch wenn nicht immer alles rosa ist. wie ich das gerne hätte, dann ist das halt auch in Ordnung. Und das gehört auch dazu, in so einer Firmenkultur, und darüber darf auch gesprochen werden.

Hoffmann: Vielen herzlichen Dank! Sehr, sehr spannende, interessante Einblicke. Frau Lenitzki, ich wünsche Ihnen weiter viel Erfolg mit Ihrer Markenbotschafterstrategie – ob Sie sie nun so nennen oder nicht. Danke und tschüß.

Lenitzki: Vielen Dank und auf Wiedersehen.

Hoffmann: Danke, dass Sie bis hierher zugeschaut und zugehört haben. Wenn Ihnen dieses Format gefällt, dann können Sie es auch abonnieren. Link dazu finden Sie ebenfalls in den Shownotes. Und wenn Sie mir Feedback geben wollen oder vielleicht eine Idee für ein weiteres Markenbotschafter-Interview haben, dann melden Sie sich doch gerne. Vielen Dank und tschüß, Ihre Kerstin Hoffmann.

Buchtitel: Markenbotschafter – Erfolg mit Corporate Influencern

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Dr. Kerstin Hoffmann