Mann am Schreibtisch mit Papiertüte über dem Kopf.

Sichtbare Markenbotschafter: Wege aus der Angst im Unternehmen

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Typische Befürchtungen – und wie man damit umgeht

Mann am Schreibtisch mit Papiertüte über dem Kopf.

Bloß keine wiedererkennbaren Gesichter aus dem Unternehmen zeigen? Das nützt weder der Firma noch der Personenmarke. Besser ist es, sich mit Befürchtungen auseinanderzusetzen und Lösungen zu entwickeln.

Führungskräfte und Mitarbeiter als sichtbare Markenbotschafter aufbauen? In vielen Unternehmen setzt allein der Gedanke an ein solches Vorhaben zahlreiche Ängste frei. Am häufigsten wird befürchtet, dass damit jegliche Kontrolle verlorengeht und unerwünschte Informationen sich im Netz frei verbreiten. Ein Abwerben der Mitarbeiter durch die Konkurrenz stellt ebenfalls eine häufige Befürchtung dar. Oft sind es aber auch einfach diffuse Ängste, die von keinen eigenen Erfahrungen in sozialen Netzwerken gedeckt sind. Doch wenn Ängste der Geschäftsleitung das Verhalten in digitalen Medien bestimmen oder allzu strikte Regeln zu beachten sind, wird kein Mitarbeiter freiwillig seinen Kopf hinhalten.

Information und gründliche Überlegung können mit den meisten Ängsten aufräumen. Etliche Bedenken sind auch durchaus berechtigt. Doch die Alternative, nämlich die Sichtbarkeit des Unternehmens und seiner Protagonisten massiv einzuschränken, ist eigentlich ein viel größerer Anlass zum Fürchten. Denn dies kann den sicheren Untergang der eigenen Inhalte und Botschaften in der Informationsflut bedeuten. Hier sind einige Wege aus der Angst.

Ängste und Bedenken ernst nehmen

Zunächst einmal lohnt es sich, die häufigen, typischen Ängste und Bedenken in Unternehmen näher zu betrachten, statt diese einfach abzutun. Oft werden aber nur klischeehafte Vorbehalte wiederholt, etwa Aussagen wie: „Das Netz vergisst nichts!“ Bedenken in puncto Privatsphäre spielen ebenso eine Rolle wie die Furcht vor dem schon fast sprichwörtlichen „Shitstorm“. Es wird immer wieder befürchtet, dass eigene Aktivitäten im Web irgendwelche unkontrollierbaren Kettenreaktionen auslösten, die dann nicht mehr in den Griff zu bekommen seien.

Tatsächlich werden ja aber die Reaktionen anderer Menschen im Web deswegen nicht besser kontrollierbar, weil man sich komplett heraushält. Im Gegenteil: Womöglich erfährt man sogar viel zu spät davon, dass etwas schiefläuft oder sich falsche Informationen verbreiten.

Typische Befürchtungen aus Unternehmenssicht

Oft ist es gar nicht die Angst vor der ganz großen Krise, die die Unternehmensleitung davon abhält, ihre Mitarbeiter als Markenbotschafter zu unterstützen. Im Folgenden drei typische Schwierigkeiten beziehungsweise Ängste. Dazu biete ich Ideen für Lösungsansätze an, die oft auch darin bestehen können, schlicht den Blickwinkel zu verändern. Klar sein muss jedoch, dass es eine einzige Patentlösung für alle Unternehmen und Teams nicht geben kann, sondern dass es letztlich immer eine Sache der einzelnen Erarbeitung innerhalb der ganz spezifischen Gegebenheiten im Unternehmen, im Team sowie bezogen auf die einzelnen Persönlichkeiten ist.

Angst vor schädlichen Äußerungen der Mitarbeiter

Oft wird warnend darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, dass Mitarbeiter sich keinesfalls auf nicht-PR-konforme Weise öffentlich über ihren Arbeitgeber äußern. Tatsächlich muss es hier Übereinkünfte und Richtlinien geben, die aber eher eine Unterstützung als eine Reglementierung darstellen sollten. Nach meiner Erfahrung ist es jedoch ungleich schwerer, Mitarbeiter überhaupt zu motivieren, sich öffentlich als Markenbotschafter in irgendeiner Weise zu engagieren. Dazu bedarf es einer Kommunikationskultur innerhalb des Unternehmens, in der sich der Einzelne gehört und wertgeschätzt fühlt.

Was wir aber vor allem viel mehr als bisher verstehen müssen, ist die Tatsache, dass vereinheitlichte PR-nahe, durchgehend positive Kommunikation eher unglaubwürdig und unauthentisch wirkt. Niemand wird glauben, dass es in einem Unternehmen nur harmonisch wie aus dem Hochglanzmagazin zugeht. Mehr und mehr setzt sich das Bewusstsein durch, dass es sich als kontraproduktiv erweist, wenn jegliche kritischen Stimmen möglichst unterdrückt und unsichtbar gemacht werden. Stärke beweisen vor allem diejenigen Unternehmen, welche kontroverse Diskussionen zulassen und mit Kritik konstruktiv umgehen. Dies erfordert auch den bereits beschriebenen notwendigen Wandel in der Fehlerkultur. Nun wird man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbstverständlich nicht dazu ermutigen, sich öffentlich kritisch über ihren Arbeitgeber zu äußern. Aber es ergibt Sinn, ihnen – solange es sich nicht wirklich rufschädigend auswirkt – selbst die Verantwortung dafür zu überlassen, auf welche Weise sie sich äußern.

Schlecht über den eigenen Arbeitgeber zu sprechen, ist natürlich dennoch absolut indiskutabel. Das sollte bereits der gesunde Menschenverstand hergeben. Ebenso selbstverständlich sind Betriebsgeheimnisse weiterhin zu wahren. Doch im Idealfall fordern Aktivitäten eines Unternehmens in sozialen Netzwerken regelrecht dazu heraus, dass sich die Mitarbeiter beteiligen, beispielsweise indem sie Statusmeldungen oder Bilder ihres Arbeitgebers in ihren Accounts teilen, auf Veranstaltungen hinweisen oder auch nur den RSS-Feed des Corporate Blogs in ihre persönlichen Neuigkeiten auf XING einfließen lassen. Damit Unternehmens-Content den Weg auf die Pinnwände von Mitarbeitern findet, muss er die gleichen Anforderungen erfüllen wie in der externen Kommunikation: Das Teilen muss dem Teilenden ebenso wie dessen Netzwerk einen Nutzen bringen.

Angst vor Abwerbung

Ein häufig geäußerter Einwand: Wenn man einen angestellten Mitarbeiter als Markengesicht aufbaut, dann ist dieser auch für die Konkurrenz sichtbar und kann leichter abgeworben werden. Wenn er oder sie dann das Unternehmen verlässt, seien die aufgebauten Werte mehr oder weniger hinfällig. Das stimmt einerseits, andererseits muss man bedenken, dass dies keineswegs eine neue Entwicklung im digitalen Zeitalter ist. Je besser und intensiver die Beziehungen sind, die ein Mitarbeiter zu den Kunden seines Arbeitgebers aufbaut, desto größer ist der Verlust, wenn er geht. Natürlich entsteht über die Werte, die für das Unternehmen generiert werden, notwendigerweise für jede Personenmarke ein eigenständiger Wert. Natürlich lässt es sich nicht abstreiten, dass ein als Markenbotschafter öffentlich auftretender Mitarbeiter eben auch für andere potenzielle Arbeitgeber sichtbarer wird. Allerdings muss man gerade für die Führungsebenen konstatieren, dass seit jeher Headhunter in der Lage waren, die wirklich fähigen Köpfe in Firmen zu identifizieren. Ebenfalls schon immer wurden Stellen für Wechselwillige unter der Hand in geschlossenen Zirkeln kommuniziert.

Zudem sollte man den Aspekt der Mitarbeiterbindung nicht unterschätzen. Ein Mitarbeiter, der als Markengesicht aufgebaut ist, fühlt sich womöglich auch selbst viel enger an das Unternehmen gebunden. Doch will er oder sie gehen, lässt sich das nicht vermeiden. Die einzige Alternative bestünde darin, erst gar keine Werte, keine Bindungen und keine Sichtbarkeit aufzubauen. Was man nicht hat, kann man nicht verlieren. Allerdings wird man mit einer solchen Vermeidungsstrategie ebenfalls nicht alle Mitarbeiter halten können, und zugleich verzichtet man dann eben auch auf die Vorteile, und dieser Verzicht wiegt ungleich schwerer. Assets (Werte) gerade in der Kommunikation bleiben ohnehin selten für die Ewigkeit bestehen. Das gilt ja beispielsweise auch für zeitliche und finanzielle Investitionen in Präsenzen im sich ständig rasant wandelnden Social Web. Mehr zu diesem Thema finden Sie auch in Kapitel 4.10 über den Wert einer Personenmarke.

Zugleich gilt: Je mehr Unternehmensangehörige in bestimmten Positionen im Social Web sichtbar sind, umso mehr wird der Wert eines neu einzustellenden Mitarbeiters auch über den Wert seiner bereits bestehenden Personenmarke definiert. Für einen sichtbaren Markenbotschafter, der geht, kommt dagegen im Idealfall ein neuer hinzu. Das bedeutet zugleich: Wer unsichtbar bleibt, mindert die eigenen Karrierechancen. Stefan Keuchel, ehemals Pressesprecher von Google Deutschland und jetzt Kommunikationschef bei mytaxi, meint zu der Frage, welchen Verlust eine starke Personenmarke wie die seine für seinen Arbeitgeber bedeutet:

Angst, dass die eigentliche Arbeit zu kurz kommt

In etlichen Unternehmen sind nach wie vor die Zugänge zu den großen sozialen Netzwerken, etwa Facebook und YouTube, gesperrt. Man will damit verhindern, dass die Mitarbeiter sich dort in ihrer Arbeitszeit vergnügen. Leider versperrt man ihnen damit auch den Weg zu wichtigen Informationen sowie die Möglichkeit, sich für ihr Unternehmen zu engagierten – zumindest über den Firmenrechner.

Natürlich ist das Ressourcenproblem dennoch nicht von der Hand zu weisen, denn Kommunikation macht nun einmal Arbeit. Auch können soziale Netzwerke natürlich beträchtliche Aufmerksamkeit binden. Tatsächlich hat ja aber heute jeder ein Smartphone, und dann wird eben dieses genutzt; dann jedoch nur im Verborgenen und nicht mit Aktivitäten, die der Arbeitgeber sehen könnte.

Dies alles sind jedoch eher Gründe, die dafür sprechen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und aktiv, unter Einbeziehung aller Beteiligten, eine Strategie und nachvollziehbare Regeln festzulegen. Dazu gehört auch ein Plan, wie die Mitarbeiter seitens des Unternehmens unterstützt werden und was in dem Fall passiert, dass doch einmal etwas schiefläuft.

Was Mitarbeiter befürchten und was sie brauchen

Wie schon gesagt: Oft sind Mitarbeiter alles andere als bereit, sich sichtbar als Markenbotschafter zu engagieren. Auch bei ihnen setzen solche Überlegungen Ängste frei: „Was werden meine Freunde denken, wenn ich jetzt dauernd Sachen aus der Firma poste?“ „Wie ist das zeitlich machbar?“ Auf dieses Thema werde ich demnächst noch einmal gesondert eingehen. Viele Fragen dazu habe ich aber bereits in diesem Beitrag beantwortet: „Contentstrategie: Wenn die Mitarbeiter nicht mehr mitziehen“.

Dieser Beitrag basiert auf einem Kapitel aus dem Buch „Lotsen in der Informationsflut“, aus dem auch die Zitate stammen. Mehr Informationen zum Buch finden Sie hier. 

Dr. Kerstin Hoffmann
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