Männchen mit Sprechblase und Symbole für soziale Netzwerke

Die große Verantwortung des Meinungsbildners in unruhigen Zeiten!

Meinungsbildner/Influencer mit Sprechblase und Symbole für soziale Netzwerke

Wir leben in sehr spannenden, aber zugleich in unruhigen Zeiten – auch was die Kommunikation und Information im Web angeht. #Hatespeech und #Fakenews sind nur zwei Stichworte für Phänomene, die es oft schwermachen, sich in sozialen Netzwerken zurechtzufinden und selbst zu verorten. Nun schreibe und spreche nicht nur ich immer wieder darüber, wie es Marken und Persönlichkeiten gelingt, Sichtbarkeit und Reichweite aufzubauen. Doch in dem Moment, in dem jemand von anderen als Lotse und Vorbild akzeptiert wird, verändert sich auch die öffentliche Wahrnehmung in Bezug auf jegliche Äußerung, die er oder sie tätigt. Ich finde daher, wir sollten einmal ausführlicher darüber sprechen, welche Verantwortung mit gesteigerter Sichtbarkeit und hoher Glaubwürdigkeit einhergeht.

Ein Meinungsbildner, neudeutsch „Influencer“ ist ja nicht nur dafür da, bestimmte Markenbotschaften zu verkünden oder im eigenen Interesse laut zu trommeln. Er oder sie kann überhaupt nur dann erfolgreich sein, wenn viele Menschen ihm glauben und vertrauen. Das bedeutet auch: Andere orientieren sich an ihm. Sie glauben, was er sagt und schreibt. Ein Meinungsbildner ist auch Wertevorbild. Je mehr Sichtbarkeit, desto größer ist die Tragweite jeder einzelnen Äußerung. Was bedeutet das für Ihre eigene Kommunikation, wenn Sie bereits große Sichtbarkeit aufgebaut haben – in der Öffentlichkeit, aber auch in Teilöffentlichkeiten?

Du bist nicht (mehr) privat!

Sie sitzen gemütlich in Freizeitkleidung mit Ihrem Smartphone auf dem Sofa und tippen eine kleine Bemerkung bei Facebook ein – und es fällt schwer sich vorzustellen, dass dies wenig später von Tausenden gelesen, bewertet und weiterverbreitet wird. Genau dies müssen sich aber Meinungsbildner klarmachen. Wer öffentlich sichtbar ist, kann sich nicht auf eine rein private Haltung zurückziehen. Damit einher geht notwendig eine gewisse Selbstkontrolle an allen Schnittstellen zur Community.

Der Nachteil der Bekanntheit bestehe darin, dass man beim Straßenfest nicht mehr unbemerkt in die Rabatten reihern könne – das hat Robert Gernhardt einmal sinngemäß gesagt. Das gilt nicht nur für Veranstaltungen, sondern auch für soziale Netzwerke, also überall dort, wo uns andere Menschen begegnen. Was früher vor allem prominente Schauspieler oder Politiker betraf, gilt für eine immer größere Zahl von Persönlichkeiten. Es braucht gar nicht die große Bühne oder den Auftritt vor Tausenden, um ganz schnell große Menschenmassen zu erreichen.

Denn in sozialen Netzwerken  entstehen Teilöffentlichkeiten, in denen Einzelne plötzlich sehr prominent werden, auch wenn sie nie in einer breiten Öffentlichkeit berühmt werden. Ein gutes Beispiel für eine solche Person ist der Blogger, Autor und Vortragsredner Sascha Lobo. Auch wenn er seit längerer Zeit im Spiegel publiziert, so ist er doch eher in meinem Umfeld eine wirkliche Berühmtheit, nicht jedoch in der Gesamtbevölkerung.

Du kannst (und wirst!) etwas bewirken!

Kleine, beiläufige private Nachrichten können plötzlich ein viel stärkeres Gewicht bekommen und sich viel weiter verbreiten, als eigentlich beabsichtigt war. Wer werteorientiert kommuniziert, kann auf diese Weise viel bewirken. Wenn sich werteorientiertes Handeln auszahlt, dann gilt dies erst recht für werteorientierte Kommunikation eines sichtbaren Meinungsbildners. Ein gutes Beispiel dafür ist die Unternehmerin Sina Trinkwalder.

Jedoch: Je stärker diese Vorbildfunktion im Bewusstsein der Community verankert ist, desto stärker werden andere auch jegliche Äußerung in diesen Zusammenhang einordnen. Wenn also prinzipiell natürlich jeder sich gut überlegen sollte, was man sagt: Je größer die Reichweite, desto wichtiger wird dies. Je bekannter Sie sind, desto genauer werden andere Sie beobachten und sich nach Ihnen richten. Da kann Unüberlegtes schnell große Kreise ziehen. Das kann eben auch dazu führen, dass andere Menschen sich etwas zu eigen machen und verbreiten, das gar nicht so gemeint war. Beispiel: Fehlinformationen und falsche Nachrichten.

Drum prüfe, was du weitergibst!

Journalisten arbeiten nach dem Zwei-Quellen-Prinzip: Ehe sie eine Information veröffentlichen, prüfen sie anhand mindestens einer weiteren Quelle, ob diese zuverlässig und korrekt ist. Sie sollten es zumindest tun. Viele Fälle gerade aus der letzten Zeit haben gezeigt, dass auch Medienvertreter nicht vor Fehlinformationen und Hoaxes gefeit sind. Oft fällt es auch schwer zu verifizieren, ob nicht die zweite Quelle eigentlich denselben Ursprung hat.

Meinungsbildner sollten sich ähnliche Prinzipien zu eigen machen. Denn wenn selbstverständlich sowieso jeder Einzelne ganz genau prüfen sollte, was er oder sie etwa in sozialen Netzwerken weiter teilt, steigt mit der persönlichen Reichweite auch der Schaden, der entsteht, weil sich etwas explosionsartig ausbreitet.

Am besten wäre es, wenn überhaupt jeder sich so verhält, als wäre er oder sie bereits ein Meinungsbildner. Denn, wie gesagt, auch aus dem Kern einer kleinen Teilöffentlichkeit können große Bewegungen entstehen. Daher ist die Ausgabe des UPLOAD-Magazins mit dem Titel „Alles Fake!“ aktueller denn je. Im Beitrag „Fakt oder Fake? Wie man Falschmeldungen im Netz entlarvt“ finden Sie handfeste Tipps. Ich habe etwas dazu geschrieben, wie man sich mittels eigener Lebenserfahrung vor Fälschungen zu schützt: „Wir brauchen mehr digitalen Menschenverstand!“

… und wenn einmal etwas schiefgeht?

Wer sehr sichtbar ist, stellt nicht immer unbedingt nur ein Vorbild dar. Wer sich exponiert, macht sich angreifbar. Niemand ist ohne Fehler und Irrtümer, und es hat wahrscheinlich jeder schon einmal mit einer Äußerung so richtig danebengehauen. Auch hier wirkt sich die eigene Reichweite auf die zu erwartende Resonanz aus. Aus Gründen nicht nur der Vorbild-Funktion, sondern des Selbstschutzes ist es daher sehr sinnvoll, sich Äußerungen gut zu überlegen. Ein gutes Monitoring und geeignete Frühwarnsysteme sind daher auch für Personenmarken Pflicht. Wer Inhalte nur in eine Richtung sendet, aber nicht vernünftig misst und beobachtet, erfährt im Zweifel viel zu spät von bedenklichen Entwicklungen.

Werteorientiertes Handeln und gute Vernetzung zahlen sich hier einmal mehr aus: Sie sorgen dafür, dass das Umfeld den einen oder anderen Ausrutscher verzeiht.

Gestalte deine Vorbildfunktion bewusst!

Wer sich sichtbar macht und für andere ein Lotse in der Flut von Informationen sein will, kann sich also gar nicht dagegen entscheiden, auch ein Wertevorbild zu sein und Meinungen zu prägen. Zudem bringt eben Sichtbarkeit auch Risiken mit sich. Wer dies bewusst gestaltet, erleichtert sich vieles und kann auch eher erkennen, wenn etwas in die falsche Richtung läuft. Fragen, die sich Meinungsbildner stellen könnten:

  • Was sind meine persönlichen Ziele?
  • Welche persönlichen Wertvorstellungen zeichnen mich aus?
  • Was sind meine Kernthemen, für die ich stehe?
  • Für wen will ich ein Wertevorbild sein?
  • Wo sind andere, mit denen ich mich zu diesem Thema verbinden und gemeinsam Nutzen generieren kann?
  • Inwiefern trägt das, was ich veröffentliche, zum wirklichen Nutzen meiner Community bei?
  • Welches Fremdbild erzeugt die Gesamtheit dessen, was ich öffentlich (oder teilöffentlich) sichtbar von mir preisgebe? Entspricht dies meinem Selbstbild ebenso wie dem Fremdbild, das ich erzeugen will?
  • Wie gut höre ich zu, und wie erfahre ich von wichtigen Informationen?
  • Wie verhalte ich mich in Diskussionen? Bin ich in der Lage, mich auf Argumente einzulassen und meinen Standpunkt zu überdenken?
  • Traue ich mich, meine eigene Meinung zu vertreten, auch wenn ich weiß, dass dies Kontroversen hervorrufen kann?
  • Passt der Tonfall dieses einen Kommentars oder dieses speziellen Postings, das ich gerade abschicken will, zu meinem Selbstbild?
  • Wie gehe ich mit Krisen und Konflikten um, und wer hilft mir dabei?

Wer ist denn nun überhaupt ein Meinungsbildner?

Meinungsbildner oder „Influencer“: Das sind letztlich sehr schwammige Begriffe. Ab wann kann jemand überhaupt als solcher betrachtet werden? Ich finde das sehr schwer zu beurteilen oder gar in Zahlen wie Follower oder Fans quantitativ zu erfassen – aber natürlich liefern steigende Like- oder Share-Zahlen erste Anhaltspunkte darüber, wie weit sich eigene Äußerungen verbreiten.

Qualitativ kann das jeder Einzelne daran beobachten, wie andere auf ihn oder sie reagieren und inwiefern sie das übernehmen, was er sagt und vertritt. Jede Community hat ihre Galionsfiguren, und darüber herrscht in der Regel in der jeweiligen Gruppe eine gewisse Übereinkunft. Auch steigende Presse- oder Interviewanfragen sind beispielsweise Indizien für Bekanntheit und persönliche Relevanz.

Handle nur so, als wärest du ein allgemein anerkanntes Vorbild!

Ich denke, letztlich ist die Frage nach dem Grad des eigenen Meinungsbildnertums akademisch, und meine Idealvorstellung sieht so aus: Dass einfach jeder und jede Einzelne sich immer dort, wo potenziell Öffentlichkeit entsteht – sei es auf Veranstaltungen oder in sozialen Netzwerken –, so verhält, als hätte er bereits die größtmögliche Reichweite und wäre bereits für sehr viele Menschen ein Wertevorbild.

Dr. Kerstin Hoffmann
1 Kommentar
  1. Sonja Rieder sagte:

    Liebe Frau Dr. Hoffmann,

    herzlichen Dank für diesen hilfreichen Artikel, auf den ich ganz zufällig gestoßen bin!

    Mit freundlichen Grüßen, Sonja Rieder

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