Menschen_beduerfnisse_erkennen_ nutzen_vermitteln

Bedürfnisse kennen, Nutzen vermitteln: Wie man Corporate Influencer überzeugt

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Wer im Unternehmen ein Corporate-Influencer-Programm aufsetzt, hat dessen Wert bereits verinnerlicht. Dabei kann man schon einmal vergessen, dass dies nicht für alle anderen potenziellen Beteiligten automatisch ebenfalls gilt. Und dass der Nutzen einer aktiven Teilnahme an einem solchen Programm für die Einzelnen individuell sehr unterschiedlich aussehen kann. Doch es gelingt nur dann, alle mitzunehmen, wenn auch alle den eigenen Nutzen einer aktiven Teilnahme erkennen. Die Bedürfnisse ebenso wie die Sichtweisen der Einzelnen sind also oft ganz unterschiedlich. Daher sollte auch die Argumentation entsprechend differenziert und zielgerichtet aussehen. Doch die interne Zielgruppenanalyse wird oft vernachlässigt. Wie kann sie gelingen, und wie geht man sie an?

In vielen Projekten zum Start von Corporate-Influencer-Programmen herrscht offenbar die unausgesprochene Annahme vor, dass Beschäftigte von allein verstehen, wie wichtig Corporate Influencer sind. Schließlich profitieren doch alle vom stärkeren Markenauftritt, oder? Die Realität sieht anders aus: Mitarbeitende haben ihre eigenen Routinen, sie verfügen über sehr unterschiedliche digitale Kompetenzen, und nicht jeder sieht LinkedIn und andere soziale Netzwerke als lohnendes Betätigungsfeld.

Hinzu kommt: Was nach außen als moderne Kommunikation erscheint, bedeutet für Einzelne zusätzlichen Aufwand, vielleicht sogar eine zeitliche Überforderung. Wer in einem ohnehin dichten Arbeitsalltag noch eigene Inhalte entwickeln soll, braucht dafür eine hohe intrinsische Motivation. Ist dies nicht gegeben, läuft die Initiative womöglich schleppend an oder verläuft sogar wieder im Sande. Daher ist die systematische Analyse der internen Zielgruppen erfolgsentscheidend.

Gewinnen, binden, zu Aktivitäten motivieren: So kann es klappen

Die Erkenntnis etwa, dass es für alle Betriebsangehörigen besser ist, wenn das Unternehmen im Markt gut da steht, liegt, je nach Position und Identifikationsgrad des Betreffenden mit den Arbeitgeberzielen, schon auf einer relativ hohen Abstraktionsebene. Der Nutzen ist nicht direkt erfahrbar.

Damit jemand sich engagiert und im Zweifel mit der gesteigerten Sichtbarkeit auch – zumindest nach eigener Wahrnehmung – gewisse Risiken eingeht, muss er oder sie schon einen unmittelbareren persönlichen Gewinn erleben.

Dies kann beispielsweise ein Bewusstsein für den gesteigerten eigenen Personenmarkenwert sein, persönliche Anerkennung, mehr Freiraum in der medialen Nutzung aber auch die Empfindung einer Zugehörigkeit. Viele Corporate-Influencer-Programme sind deswegen so erfolgreich, weil die daran Teilnehmenden eine Community innerhalb des Unternehmens bilden, die ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit und auch der persönlichen Bedeutung vermittelt.

Natürlich muss auch die Führungsebene den Nutzen erkennen, und auch hier gilt es, zielgruppengerecht zu kommunizieren. Denn das Programm steht und fällt mit der Unterstützung aus der Geschäftsleitung sowie mit jeder erneuten Freigabe von Budgets.

Interne Zielgruppen nicht vergessen!

Die Zielgruppenanalyse gehört längst zum Standard in Kommunikation und Marketing. Wer Kund:innen gewinnen will, untersucht deren Customer Journey, Medienverhalten und Erwartungen. Doch während sich die kommunikationsabteilungen akribisch mit Leads und Buyer Personas beschäftigen, wird ein entscheidender Bereich erstaunlich oft übersehen: die internen Zielgruppen.

Gerade bei Corporate-Influencer-Programmen reicht es aber nicht, alle Informationen und Aufgaben einheitlich zu vermitteln, so wie die Verantwortlichen sie sehen. Wer Menschen im Unternehmen für eine Rolle als Botschafter:innen gewinnen möchte, muss ihre individuellen Bedürfnisse und Motivationen kennen.

Andernfalls entstehen nämlich auch in der Umsetzung zwar einzelne Postings – aber es entsteht keine nachhaltige Dynamik. Meist identifizieren sich die Beteiligten nicht wirklich mit dem größeren Ganzen und mit ihrer Rolle darin.

Zielgruppenanalyse für interne Stakeholder

Eine solche Analyse ist schon mit wenig Aufwand besser als gar keine. Schon aus Datenschutzgründen sollte sie idealtypisch erfolgen. Es genügt, verschiedene Typen und ihre Bedürfnisse zu erfassen. Typische Fragen dabei:

  • Welche Erfahrungen und Kompetenzen bringen potenzielle Corporate Influencer bereits mit?
  • Welche Rolle spielt digitale Kommunikation für ihren Arbeitsalltag?
  • Welche Motive treiben sie an – persönliche Sichtbarkeit, Fachthemen, Employer Branding, …?
  • Welche Sorgen oder Widerstände sind zu erwarten?
  • In welcher Personengruppe finden sich voraussichtlich Gegner, in welcher Fürsprecher?
  • Über welche Medien und mit welchen Formaten lassen die einzelnen Beteiligten sich am besten erreichen?

Praxisbeispiel: Motivation durch Nutzen

In einem von mir begleiteten Programm zögerten zunächst mehrere Fachkräfte, weil sie sich keine „Selbstdarstellerrolle“ vorstellen konnten. Sie befürchteten, von Kolleginnen und Kollegen abgelehnt zu werden, auch wenn sie aus ihrer Sicht ihre persönlichen Einblicke zum Nutzen des Unternehmens zeigen würden. Erst als klar wurde, dass ihre fachlichen Beiträge nicht nur dem Unternehmen, sondern auch ihrer eigenen Reputation dienten, wandelte sich die Einstellung.

Zudem wurden sie in die Entwicklung des Programms aktiv eingebunden. Sie erhielten transparente Einblicke, wie das Programm ins Unternehmen hinein kommuniziert wurde. So erkannten sie, dass den befürchteten Vorurteilen von Anfang an entgegengewirkt wurde.

Unterschiedliche Gruppen, unterschiedliche Ansprache

Ein Corporate-Influencer-Programm hat es selten mit einer homogenen Belegschaft zu tun. Führungskräfte, Fachspezialist:innen, Nachwuchstalente – sie alle reagieren auf unterschiedliche Botschaften.

  • Führungskräfte legen Wert auf Sichtbarkeit im Kontext von Leadership und Unternehmensstrategie.
  • Fachspezialist:innen wollen ihre Expertise einbringen und in der Fachcommunity Anerkennung finden.
  • Nachwuchskräfte suchen häufig nach Entwicklungschancen und persönlichem Netzwerkaufbau.

Medienverhalten berücksichtigen

Auch intern gibt es Medienpräferenzen. Manche lesen interne Newsletter, andere ignorieren sie konsequent, oder sie haben an ihrem Arbeitsplatz erst gar keinen direkten Zugang zu digitlen Medien. Manche schätzen persönliche Gespräche, andere reagieren erst auf konkrete Anleitungen. Einige nehmen gerne an Workshops teil und können dies gut mit ihrer Arbeit verbinden. Andere brauchen flexiblere Arten, um sich Wissen zu erschließen. Wer nur einen Kanal nutzt, erreicht oft nur einen Teil der Belegschaft. Eine mehrstufige, medienübergreifende Ansprache erhöht die Chancen erheblich.

Ein Beispiel: In einem Industrieunternehmen wurden potenzielle Corporate Influencer zunächst in einem persönlichen Gespräch für die Teilnahme gewonnen. Nach einem Kick-off-Workshop für alle folgten interne Trainingsvideos als Nachschlagewerk sowie regelmäßige digitale Sprechstunden. Erst die Kombination machte das Programm wirksam.

Checkliste: Interne Zielgruppenanalyse für Corporate-Influencer-Programme

  • Ziele klären
    • Definieren Sie, was „gewinnen“ konkret bedeutet (aktive Teilnahme, regelmäßige Beiträge, Dialogqualität).
    • Legen Sie messbare Erfolgsgrößen pro Segment fest (Aktivierungsrate, Beitragstakt, Interaktionsqualität).
  • Stakeholder kartieren
    • Benennen Sie alle relevanten Gruppen: Geschäftsleitung, Kommunikation, HR, Fachbereiche, Vertrieb, IT, Recht/Compliance, Betriebsrat, Führungskräfte, Nachwuchstalente, … .
    • Priorisieren Sie nach Einfluss und Interesse.
  • Bedürfnisse verstehen
    • Führen Sie kurze Gespräche pro Segment: Motive, Hürden, Nutzen, Zeitbudget, Medienverhalten.
    • Arbeiten Sie idealtypisch, nicht personenbezogen.
  • Journeys skizzieren
    • Zeichnen Sie den Weg vom Erstkontakt bis zur aktiven Teilnahme.
    • Halten Sie Einstiegstrigger, Onboarding, erste Veröffentlichungen und Feedbackschleifen fest.
  • Nutzenversprechen formulieren
    • Verdichten Sie je Segment den Mehrwert in ein bis zwei Sätzen (Reputation, Recruiting, Fachnetzwerk, Wissensaustausch).
  • Kanäle und Ansprache wählen
    • Entscheiden Sie je Segment die wirkungsvollsten Wege: persönliche Gespräche, Team-Meetings, interne Communitys, digitale Lernnuggets.
  • Enablement planen
    • Vermitteln Sie Digitalkompetenz, Contentstrategie, Plattformhandwerk, rechtliche Basics, Reaktionsplanung.
    • Richten Sie Buddy-Systeme und Sparringsrunden ein.
  • Governance sichern
    • Aktualisieren Sie Social-Media-Guidelines und Eskalationspfade.
    • Klären Sie Einwilligungen und Nutzungsrechte.
  • Teilnehmende auswählen
    • Setzen Sie auf Freiwilligkeit und sichtbare Vorbilder.
    • Definieren Sie Kriterien für Einstieg und Verbleib.
  • Pilot strukturieren
    • Starten Sie mit einer überschaubaren Gruppe, vereinbaren Sie Posting-Takte, sichern Sie individuelles Feedback.
    • Dokumentieren Sie Lessons Learned und passen Sie an.
  • Erfolg messen
    • Messen Sie Qualität vor Reichweite: Relevanz, Anschlussfähigkeit, Resonanz in den gewünschten Kreisen.
    • Ergänzen Sie quantitative Kennzahlen nur dort, wo sie Entscheidungen stützen.
  • Risiken managen
    • Erkennen Sie Überforderung, Zeitkonflikte oder automatisierte Interaktionen.
    • Entlasten Sie mit Redaktionsprozessen und klaren Nein-Linien zu Auto-Kommentaren.

Kompakte Variante für den schnellen Einstieg

Nicht in jedem Unternehmen erlauben die Ressourchen eine sehr umfassende Analyse. Auch mit schlankeren Mitteln lässt sich ein wirksamer Überblick schaffen, damit die Ansprache und damit der erste Schritt ins Corporate-Influencer-Programm gelingt.

Drei einfache Schritte:

  1. Kernsegmente benennen
    Zwei bis drei Gruppen reichen für den Anfang. Beispiel: Führungskräfte, Fachspezialist:innen, Nachwuchstalente.
  2. Bedürfnisse erfassen
    Statt langer Interviews genügt ein kurzes Stimmungsbild: Wo sehen sie Nutzen, wo Hindernisse? Das lässt sich in kurzen Gesprächen, in einem Workshop oder mit einem Mini-Survey herausfinden.
  3. Nutzen klar formulieren und kommunizieren
    Jede Zielgruppe bekommt ein auf sie abgestimmtes Nutzenversprechen – ein bis zwei Sätze, die erklären, warum sich der Einsatz lohnt.

Mit dieser pragmatischen Vorgehensweise entsteht eine erste Grundlage. Später kann sie nach Bedarf sukzessive zu einer umfassenderen Analyse erweitert werden.

Fazit

Corporate Influencer lassen sich nicht durch Anweisung gewinnen. Wer Mitarbeitende für ein solches Programm begeistern will, braucht eine ebenso gründliche interne Zielgruppenanalyse wie bei Kund:innen. Nur wenn Verantwortliche wissen, welche Motive, Bedürfnisse und Kommunikationswege bei den potenziellen Botschafter:innen eine Rolle spielen, entsteht eine nachhaltige, authentische Beteiligung.

Die Investition in diese Analyse zahlt sich mehrfach aus: Sie senkt Widerstände, sie erhöht die Motivation, und sie sorgt dafür, dass Corporate Influencer langfristig mit Überzeugung dabei sind.

Dr. Kerstin Hoffmann