Contentstrategie: Wenn die Mitarbeiter nicht mehr mitziehen

Woran liegt es, wenn keine Beiträge kommen, und was ist zu tun?

So gut wie jedes Unternehmen braucht heute eine Contentstrategie. Dazu gehört nicht nur ein eigenes Blog oder Magazin, sondern auch die Präsenz auf anderen Plattformen. Doch eine eigene Contentzentrale empfiehlt sich nach wie vor. Unverwechselbar werden die Inhalte im Corporate Blog ebenso wie in sozialen Netzwerken, wenn sie von echten „Köpfen“ aus dem Unternehmen stammen und handeln, statt nur von der PR-Abteilung getrieben zu sein. Doch Mitarbeiter-Beiträge in Blogs und für Social Networks zu generieren, das ist nach vor wie in vielen Firmen ein schwieriges Thema. Ein großer Teil aller ambitioniert gestarteten Contentstrategien und Contentmarketing-Projekte in Unternehmen scheitert oder wird nicht umgesetzt wie geplant, weil die wichtigsten Beteiligten nicht auf Dauer durchhalten: die Wissensträger und Inhaltslieferanten in der Firma.

Denn das sagt sich so schön: „Überall im Unternehmen entsteht Content.“ Oder: „Jeder Mitarbeiter ist ein Markenbotschafter.“ Dementsprechend verteilen Unternehmensleitung und Kommunikationsabteilung in regelmäßigen Abständen fröhliche und motivierende Rundschreiben, in denen sie zur Mitwirkung aufrufen. Doch die meisten dieser Appelle verhallen ungehört. Selbst diejenigen Firmenangehörigen, die sich in einleitenden Workshops engagiert beteiligt haben mitzuwirken, verlieren mit der Zeit die Lust. Woran kann das liegen, und wie lässt es sich beheben?

Persönlichen Nutzen erlebbar machen

Wenn sich der Mitarbeiter nur als Inhaltslieferant einer Unternehmenskommunikation erlebt, mit der er ansonsten wenig am Hut hat, dann wird auch die Motivation schnell schwinden. Es fehlt der Bezug zur eigenen Arbeit und zu den eigenen Zielen. Anerkennung bleibt aus. Warum sollte jemand, der mit der eigenen Arbeit schon mehr als ausgelastet ist, sich dann noch an der Contentstrategie beteiligen? Zudem verstehen meiner Erfahrung nach Fachleute aus anderen Bereichen, die nicht entsprechend mitgenommen werden, ein Corporate Blog oft als nettes Spielzeug der Kommunikationsabteilung und nicht als essentielles Instrument, das für den Unternehmenserfolg mit entscheidend ist.

Gemeinsame Arbeit an der Contentstrategie kann nur gelingen, wenn im Unternehmen ein gemeinsames Verständnis über strategische Ziele und Kommunikationsziele vorhanden ist. Darüber hinaus muss auch jede/r Einzelne erkennen, inwiefern jeder eigene Beitrag zu diesen Zielen beiträgt und wie dies wiederum den persönlichen Zielen zuträgt. Solche Ziele können beispielsweise fachliche Anerkennung im Unternehmen sein sowie Steigerung des eigenen Personenmarkenwerts. Dass jemand die eigene Stelle sichert, indem er zum Erfolg des Arbeitgebers beiträgt, ist auch ein Argument, das aber meistens zu abstrakt erscheint, wenn man es nicht argumentativ konkreter macht und mit Zahlen belegt.

Nicht immer nur nach außen denken

Wenn in Unternehmen an Kommunikation und Markenbindung gedacht wird, dann meistens in Kategorien von Kunden und allenfalls Meinungsbildnern. Viel entscheidender für den Erfolg einer Contentstrategie und einer einheitlich überzeugenden Markenkommunikation ist aber zunächst der Blick nach innen: Wie sehen die Strukturen aus? Werden Mitarbeiter ermutigt, ihr Potential zu entfalten und eigene Ideen einzubringen? Dazu gehört auch die strukturelle sowie technische Organisation der Kommunikation nach innen.

Mitarbeiter wirklich einbinden

Bestehen – nicht nur bezogen auf die Kommunikation! – Übereinkünfte, gemeinsam am größeren Ganzen zu arbeiten? Oder hat die Geschäftsleitung zusammen mit der Unternehmenskommunikation eine Contentstrategie erarbeitet, und nun werden einfach die Mitwirkungsmöglichkeiten verkündet, so wie es auch mit allen anderen Neuerungen geschieht? Gemeinsame Arbeit an der Contentstrategie setzt idealerweise auf funktionierenden Strukturen auf. Zudem nutzt sie Methoden, Werkzeuge und Plattformen, um intern an Inhalten ebenso wie an anderen Prozessen zu arbeiten. Umgekehrt bringt die Arbeit an Kommunikation und Contentstrategie oft an den Tag, wo es ansonsten in den Strukturen hakt. Hier muss sich dann etwas ändern, damit das Corporate Blog mehr als nur ein vergoldetes Feigenblatt als Ersatz für wirklichen Austausch nach innen und außen darstellt.

Bei der Themenfindung und Inhaltserstellung helfen

Ganz gleich, ob Ideen für ein Video oder gleich ein ganzer geschriebener Ratgeber-Beitrag: Wer nicht täglich mit Kommunikation befasst ist, muss erhebliche Anfangshürden überwinden. Ich erlebe es häufig, dass Mitarbeiter, die eigentlich Wertvolles beizutragen haben, regelrechte Versagensängste pflegen. Hier ist es an den Fachleuten in der Unternehmenskommunikation, Unterstützung und Fortbildung anzubieten, gegebenenfalls auch Training und Coaching extern einzukaufen. Oft hilft aber schon ein Themenfragebogen dabei, Inhalte zu identifizieren und zu bewerten. Es soll ja auch nicht jeder Mitarbeiter zum Pressesprecher ausgebildet werden. Die Art und Weise, wie jemand beiträgt, kann sich stark unterscheiden: vom reinen Ideengeber über den Interviewpartner bis hin zum Autor.

Pläne machen und klare Absprachen treffen

Einfach mal loslegen und erwarten, dass die Kollegen schon liefern werden: Vergessen Sie es! – Für Contentstrategien braucht man Themenpläne, Redaktionspläne, eindeutige Termine, Zuständigkeiten und standardisierte Freigabeprozesse. All dies muss so aufgebaut sein, dass es für die verschiedenen Beteiligten nachvollziehbar ist und zu ihrem Arbeitsalltag passt.

An Feedback denken, auch wenn die Zeit knapp ist

Themenvorschlag eingereicht, wochenlang nichts gehört? Das demotiviert auch den engagiertesten Ideengeber. Selbst wenn die Zeit knapp ist, muss sich ein Gutteil der Aufmerksamkeit auch hier nach innen richten. Detailliertes Feedback ist notwendig. Auch Erfolge der eigenen Publikationen – qualitative Rückmeldungen ebenso wie etwa Zugriffszahlen – müssen regelmäßig kommuniziert werden. Noch besser: Sie sind in einem übersichtlichen System für alle Beteiligten sichtbar und abrufbar. Wenn die Kommunikationsleitung oder die Redaktion so gestresst ist, dass es dafür nicht reicht, dann ist in der Ressourcenplanung gleich zu Beginn offenbar etwas schief gelaufen.

Für die geeigneten Ressourcen sorgen

Hier ist die Unternehmensleitung gefragt: Ein Paradigmenwechsel in der Kommunikation erfordert Anfangsinvestitionen. Zudem müssen auf Dauer bestimmte Budgets umgeschichtet werden. Das gilt finanziell ebenso wie zeitlich. Zweifellos keine einfache Aufgabe, aber eine erfolgsentscheidende. Es hat keinen Sinn, die Contentstrategie größer zu planen als die Ressourcen hergeben. Dann lieber etwas kleiner starten und sukzessive aufbauen.

Die Führungsebene muss verstehen, dass der Verzicht auf eine Contentstrategie mit abteilungsübergreifender Mitwirkung den sicheren Weg in die Unsichtbarkeit der Marke in allen Medien bedeutet. Erst dann kann es gelingen, ein Konzept und eine sinnvolle Vorgehensweise zu entwickeln, die auch tatsächlich auf Dauer funktionieren.

Dr. Kerstin Hoffmann
10 Kommentare
  1. Jörg Unkrig sagte:

    Wichtiges Thema!

    Besonders gefällt mir ihr Satz bzw. Statement „Mitarbeiter einbinden“. Häufig ist das nämlich genau nicht der Fall. Mitarbeiter werden nicht eingebunden, Informationen fehlen oder werden nicht weitergeben und dann wird schnell gesagt: „Der identifiziert sich ja gar nicht mit der Firma….“.

    Beiträge wie der Ihre tragen dazu bei, dass man auf solche Dinge aufmerksam wird. Ich erlebe das auch in meinen Kommunikationsseminaren immer wieder, dass die Mitarbeiter mehr solcher Informationen und Impulse benötigen, damit sie nicht immer nur die „Schuld“ bei sich suchen.

  2. Robert Nagel sagte:

    Sehr zutreffend – die Kommunikation nach innen und das „Abholen“ der Kollegen kostet zwar Zeit, ist aber die Mühe wert, wenn alle das „große Ganze“ besser verstehen, die Sinnhaftigkeit und die Erfolge ihrer Beteiligung direkt mitbekommen und durch diese Transparanz auch noch Motivation schöpfen können.

  3. Fred sagte:

    Bedauerlicherweise sind einige derer, die auf die Lieferung von „content“ (war das nicht mal „Inhalte“?) bestehen, Kontrollfreaks. Wenn alles einen mehrstufigen Zulassungs- und Genehmigungsprozess durchlaufen muss, bevor irgendwas gepostet werden kann, und das wochenlang dauert, schwindet die Motivation, und auch das Interesse, gegen unterirdisch. Unter diesen Bedingungen ständig aufgefordert zu werden, tolle, mitreißende Neuigkeiten zur Verbesserung der Aussenwirkung von sich zu geben, ist einfach nur anstrengend und ärgerlich.

  4. Sabrina Görlach sagte:

    Der Punkt mit den >Mitarbeitern gefällt mir sehr gut. Bei mir im Betrieb ist das leider auch oft nicht der Fall.

  5. Anne sagte:

    Ich finde es auch schwer, Mitarbeiter zu motivieren, einen Text für den Blog zu schreiben oder sich mal die Zeit zu nehmen, um ein Interview mit ihnen zu führen. Jedoch sollte man trotzdem dran bleiben, wie Sie schon geschrieben haben, es lohnt sich. So erfahren auch die externen Leser, was das Unternehmen eigentlich so besonders macht und es wird für Bewerber und Kunden gezeigt, dass man interessiert daran ist, was die Außenwelt denkt. Ich finde es wirklich wichtig, deswegen versuche ich auch mit Hilfe von Gummibärchen oder anderen kleinen Presenten die Mitarbeiter zu überzeugen, sich mit mir hinzusetzen, um Ideen ihrer Abteilung für den Blog auszusuchen.

  6. Annett Herzog sagte:

    Guter Beitrag!
    Leider vergessen viele Firmen, dass OHNE TEAM nämlich gar nix geht. Ein Unternehmen funktioniert NUR mit Team, und das gemeinsam. Nur so erreicht man Ziele!
    Ich habe es selbst erlebt, dass Entscheidungen nur EINE Person trifft, ohne die Ideen und Kommentare vom Team zu berücksichtigen. Tja und was ist folglich passiert – das Projekt ging baden. ;-)

    In diesem Sinne – NUR GEMEINSAM ans ZIEL!

    Herzliche Grüße,
    Annett

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